Unterm Strich

stellte, findet sich auch der Publikumshit des Abends: „Anneli, wo bisch geschter gsi“. Alles im forcierten Herzschrittmacherrhythmus.

Wir haben schon lange nicht mehr versucht, Sie nach London zu schicken, wo immer so interessante Sachen unter irgendwelche Hämmer kommen. Scheint uns zwecklos, Sie hören ja doch nicht auf uns. Sie müssen aber zur Kenntnis nehmen, daß bei Christie's in London eine handgearbeitete Gitarre im Stil der Everly-Brothers für 500.000 Mark zugunsten wohltätiger Zwecke versteigert wurde. Zu einer derart wertvollen Rarität (und wohltatfähig) wurde das gute Stück durch eingravierte Unterschriften seiner früheren Besitzer: Rockstars wie David Bowie, Paul McCartney und George Michael zupften an dem 1987 gebauten Musikinstrument schon herum. Gerüchteweise soll es sich bei dem anonymen Käufer, der die Gitarre von einer Unbekannten ersteigern ließ, ebenfalls um eine Branchengröße handeln. Branchengröße – kennen wir. In Branchengrößen sind wir gut. Kriegen wir schon noch raus, diese Branchengröße.

Im Bereich der bildenden und der darstellenden Künste sind zwei Entdeckungen anzuzeigen. Obwohl wir uns nicht ganz darüber im klaren sind, ob bereits das geschriebene Theaterstück in die letztgenannte Gattung fällt (wahrscheinlich eher nicht, Prosa ist es aber auch nicht – dramatisch, das), wollen wir melden, daß in Bukarest erhebliche Verwirrung um ein vermeintliches Ionesco-Stück herrscht. Das bisher unbekannte Theatermanuskript des im März verstorbenen Dramatikers hatte den Direktor des Bukarester Nationaltheaters mit einem Begleitschreiben von Ionescos Witwe aus Paris erreicht, zusammen mit der Information, dieses letzte Werk ihres Gatten sollte nach seinem Wunsch und Willen in Bukarest uraufgeführt werden. Ein Anruf bei Marie-France Ionesco, Tochter und zugleich Sekretärin des Autors, bestätigte aufkeimende Zweifel an der Echtheit: „Das Stück ist Hochstapelei“, soll sie erklärt haben. Schade eigentlich. Gilt doch Eugene Ionesco in Rumänien – laut dpa – als König des absurden Theaters. Offenbar versucht hier jemand, ihm diesen Titel streitig zu machen.

Wirklich echt sind dagegen die jetzt in einer kleinen Kirche im elsässischen Dorf Baldenheim entdeckten Fresken nach Vorlagen des Malers und Kupferstechers Martin Schongauer (1445 – 1491). Sie tauchten während der seit 1992 laufenden Restaurierungsarbeiten in der aus dem 11. Jahrhundert stammenden Kirche auf und sind kunsthistorisch wertvoller als die Fresken im elsässischen Walbourg, die bisher als schönste Malerei nach Vorlagen Schongauers galten. Die Kupferstiche Schongauers, die als Vorlage für die Baldenheimer Fresken dienten, werden im Museum Unterlinden aufbewahrt. Also, liebe Elsaß-Freunde, beim nächsten Besuch nicht nur Edelzwicker und Schneckensüpple schlürfen!