Die Drohungen der Herren-Menschen

■ Schwule Neonazis setzen Anzeigenkunden der „Szene“ massiv unter Druck / „Gays sind die besseren Männer“ Von Magda Schneider

Der Hamburger Staatsschutz hat Ermittlungen gegen die Neonazi-Schwulengruppe „Arbeitsgemeinschaft männlicher Gays“ (AMG) wegen Nötigung eingeleitet. Das bestätigt Polizeisprecher Jens Buck der taz: „Es liegen diverse Anzeigen vor.“ Hintergrund: Die AMG bedroht Anzeigenkunden des Stadtmagazins „Szene“, nachdem das Blatt einen Bericht über die rechtsradikalen „Herren-Menschen“ veröffentlicht hatte.

Die AMG war vor rund zwei Jahren erstmals mit ihren faschistoiden Pamphleten in Erscheinung getreten. Darin rühmten sich die Schwulen, die besseren Männer zu sein und verunglimpften vor allem Ausländer und Frauen. Dann war es erst einmal ruhig um die AMG geworden, bis Anfang des Jahres erneut Hetzschriften auftauchten, in denen gegen „homophobe Ausländer“ gewettert wurde.

Die „Szene“ nahm die AMG-Aktion zum Anlaß, um über die homosexuellen Neonazis zu berichten. In der April-Ausgabe der Zeitschrift erschien ein dreiseitiger Artikel unter der Überschrift: „Rechtsextremismus – schwule Herrenmenschen.“ In dem Beitrag wurde auf die traditionelle Rolle schwuler Männer in der rechten Szene aufmerksam gemacht und auch eine Verbindung zum schwulen Neonazi-Führer Michael Kühnen gezogen, der 1991 an Aids starb.

Über den Neonazi-Verteidiger Jürgen Rieger versuchte die AMG, bei der „Szene“ eine Gegendarstellung gegen den „diffamierenden Artikel“ zu erwirken, der Verlag verweigerte dies jedoch. In den vergangenen Wochen flatterte nun mehreren Anzeigen-Kunden des Magazins Drohbriefe ins Haus, in denen über Verlagschef Klaus Heidorn als angeblichen PDS-Spender hergezogen wird und die Kunden zur Kündigung des Anzeigenauftrags aufgefordert werden: „Wir dürfen Sie daher bitten, schon für die Juli-Ausgabe der Szene keine Anzeigen mehr zu plazieren.“ Andernfalls drohe Gewalt. Die AMG: „Wir hoffen, keine Fehlbitte getan zu haben. Andernfalls müssen wir uns vorbehalten, Ihnen persönlich und Ihren geschäftlichen Aktivitäten zu Leibe zu rücken.“

In einem ähnlichen Schreiben an die „Szene“-Redaktion bekräftigte die AMG nochmals ihre frauenverachtenden Thesen. „Wir bleiben dabei, daß Gays die besseren Männer sind. Der durchschnittliche Intelligenzquotient männlicher Gays liegt höher als der heterosexueller Männer... Wir bleiben dabei, daß der ärgste Feind der Gays die Frau sein kann, die durch die Andeutung des Schwulseins ihren Typ weiter bei der Stange halten kann, denn der schwächliche Hetero fürchtet nichts Schimmeres als die üble Verdächtigung des Schwulseins.“

Auch dieser Brief endet mit einer Drohung, diesmal an die beiden Autoren. „Wir sind durchaus bereit, auch homophobe Inländer in unsere Feindlisten aufzunehmen... vielleicht kidnappen wir die beiden für ein lustvolles Wochenende mit Rohrstock und Peitsche. Das Leben ist voller Überraschungen.“

Der „Szene“-Verlag und zahlreiche Anzeigenkunden haben Strafantrag gestellt. „Etwa 20 Anzeigenkunden haben derartige Drohbriefe bekommen“, bestätigt eine „Szene“-Sprecherin gegenüber der taz: „Die meisten Kunden gehen damit aber offensiv um und lassen sich nicht einschüchtern.“ Die Polizei ermittelt derzeit gegen Unbekannt. Buck: „Wir hören uns derzeit verstärkt in der homosexuellen Szene um.“ Denn niemand weiß so richtig, wer wer sich hinter der AMG verbirgt – ob eine anonyme Gruppe oder vielleicht nur eine durchgeknallte Einzelperson. Ein Insider: „In der Schwulenszene verbreitet die AMG zwar Angst und Schrecken, aber niemand weiß, wer dahintersteckt.“