Erneut Riesenverluste bei Versicherer Lloyd's

■ Die Investoren werden mit mehr als zwei Milliarden Pfund zur Kasse gebeten

London (taz) – Der Versicherungsmarkt werde überleben, behauptete David Rowland, Aufsichtsratschef von Lloyd's. Dabei gibt es keinen Grund zum Optimismus: Die traditionsreiche britische Firma hat Ende letzter Woche die Bilanz für 1991 vorgelegt und mußte abermals hohe Verluste vermelden – diesmal 2,048 Milliarden Pfund (5,3 Mrd. DM). Der Versicherungskonzern setzte damit seit 1988 mehr als sieben Milliarden Pfund in den Sand.

Hauptgrund für die roten Zahlen sind hohe Forderungen von Versicherungsnehmern aufgrund von Asbest- und Umweltschäden in den USA. Die meisten dieser Verträge sind mehr als 30 Jahre alt, und ein Ende der Zahlungsforderungen ist nicht abzusehen. Umweltorganisationen schätzen, daß weitere 10.000 Grundstücke entseucht werden müssen; die Kosten könnten tausend Milliarden Dollar betragen. Sollte es soweit kommen, würde der Versicherungsmarkt weltweit zusammenbrechen. Deshalb setzt Rowland darauf, daß die Clinton-Regierung eine neue Körperschaftssteuer einführt, um die einheimische Versicherungsindustrie zu retten. Ob davon auch Lloyd's profitieren wird, ist jedoch fraglich. Ende 1995 soll eine Rückversicherung „New Co“ gegründet werden, die die Altlasten übernimmt. Außerdem will Rowland das Aktienkapital mit Hilfe von Unternehmen erhöhen, die nur beschränkt haftbar sind – im Gegensatz zu den 26.000 Einlegern, von denen viele vor dem Offenbarungseid stehen. 30 Investoren, die durch Lloyd's in den Ruin getrieben wurden, haben sich im letzten Jahr das Leben genommen. Zu den vom Bankrott bedrohten Einlegern gehören auch 47 Tory- Abgeordnete. Sollten sie pleite gehen, würden sie ihre Parlamentssitze verlieren – und Premier Major seine knappe Mehrheit.

Während Rowland behauptet, das Schlimmste sei vorbei, sind laut der „Society of Names“, eines Zusammenschlusses von Investoren, die benötigten Summen nur „mit Strumpfmaske, Waffe und Fluchtwagen zu besorgen“. Solange Lloyd's schwarze Zahlen schrieb, kassierten die Einleger doppelte Dividenden. Also sollen sie jetzt auch die Verluste ausbaden, lautet der Tenor in der britischen Geschäftswelt. Ralf Sotscheck