: „Wir haben auch mal klein angefangen“
■ FPÖ-Chef Haider auf Tour mit Brunners „Bürgerpartei“
Nürnberg (taz) – „Ich bin stolz, daß mein Freund Jörg Haider mich unterstützt“, bekennt Manfred Brunner, Chef des „Bunds Freier Bürger“ (BFB), bei seinem öffentlichen Auftritt in Nürnberg. Sein „Freund Haider“, der Vorsitzende der „Freiheitlichen Partei Österreichs“, revanchiert sich sogleich: „Manfred Brunner ist das Symbol des mutigen Bürgers.“ Brunner und Haider haben Grund genug, sich gegenseitig zu stützen, denn die Mehrheit der Zuhörer ist ihnen gar nicht freundlich gestimmt. Mit ihren Trillerpfeifen und Sprechchören übertönen sie die Lautsprecheranlagen. Einen Tag zuvor, in Prien am Chiemsee, umfaßte die Männerfreundschaft gar drei Politiker. Peter Gauweiler, Chef der Münchner CSU, gesellte sich zu Brunner und Haider. Hart ging das Trio mit der Europapolitik der Union ins Gericht.
In jedem Bundesland einmal, das hat Brunner mit dem Rechtspopulisten Haider vereinbart, werden sie im Europawahlkampf gemeinsam auftreten. Haider revanchiert sich damit für die Hilfe, die ihm der ehemalige bayerische FDP-Chef und Ex-Kabinettschef des EU-Kommissars Martin Bangemann im österreichischen Wahlkampf geleistet hatte. Angst, seinen Ruf mit der Unterstützung einer erfolglosen Splitterpartei wie dem knapp 300 Mitglieder starken BFB zu ruinieren, hat Haider nicht. „Die FPÖ hat auch mal klein angefangen“, rechtfertigt er seine Auftritte mit Brunner.
In Nürnberg wirkte die Siegerpose des stets sonnengebräunten Haider angesichts der Vielzahl der Gegendemonstranten und der kleinen Schar der BFB-Sympathisanten eher lächerlich. Von dem sonst so kämpferischen und rhetorisch versierten Haider war nichts zu sehen. Lustlos spulte er seine zehnminütige Rede ab, sprach von „vernünftiger Asylpolitik“, von „deutschen Interessen“ und dem „Versagen der etablierten Parteien“. Auch Manfred Brunner macht es kurz. Unsicher wirkte er angesichts der Pfiffe, wetterte gegen „bezahlte Demonstranten“, wähnte die „Meinungsfreiheit in Gefahr“ und versprach, die „Deutsche Mark zu retten“.
Da war die Veranstaltung am Vortag im oberbayerischen Prien schon eher nach ihrem Geschmack. 500 Zuhörer jubelten im König-Ludwig-Saal des Priener Residenz-Hotels dem Trio Gauweiler, Brunner, Haider zu. Der Chef des örtlichen Bauernverbands, Ludwig Strohmayer, gab sich überzeugt, die drei nicht umsonst eingeladen zu haben: „Wir haben keine Politiker light eingeladen, eher die Doppelrahmstufe. Erste Sahne im Alpenraum.“
Die „Doppelrahmstufe“, das hieß Warnung vor „Brüsseler Allmachtsphantasien“, vor „politischen Taschendieben“ und vor einem „Einheitsstaat“ sowie Forderungen nach Wahrung der „kulturellen und nationalen Identität“ und vor allem, daß die Christlich- Sozialen ihr Fett abkriegen. So übten alle drei harsche Kritik am Maastricht-Vertrag, den CSU- Chef Theo Waigel mit ausgehandelt hatte. Daß Stoiber ausgerechnet Gauweiler wegen dessen Kanzleiaffäre im Februar zum Rücktritt vom Posten des Umweltministers gedrängt hatte, verstehen Brunner und Haider nicht. „Peter Gauweiler, dieses Land braucht dich“, drückte Brunner seine Verbundenheit mit dem CSU-Mann aus. „Wir müssen Peter Gauweiler stärken“, stellte sich Haider hinter ihn. Gauweiler indes rief zu einer „großen Koalition der Vernunft“ zusammen mit Haider und Brunner gegen die Europapolitik auf und schloß weitere Auftritte mit seinen beiden Kumpanen nicht aus: „So weit sind wir in Bayern noch nicht, daß wir uns vorschreiben lassen, mit wem wir auftreten und mit wem nicht“, betonte Gauweiler. „Ich will einen Mann wie Jörg Haider an unserer Seite wissen.“
Schon vor zwei Jahren hatte Gauweiler sehr zum Ärger der Parteispitze Haider zu einer Veranstaltung der Münchner CSU eingeladen. Auch dieses Mal zürnen die Parteioberen ihrem einstigen Hoffnungsträger und jetzigen Sorgenkind. CSU-Generalsekretär Erwin Huber nannte Gauweilers Auftritt in Prien „überflüssig“. Alois Glück, CSU-Fraktionsvorsitzender im bayerischen Landtag, bezeichnete Gauweilers Schulterschluß mit Brunner und Haider als „Eigentor“. Konsequenzen schloß er jedoch „zunächst“ aus. Bernd Siegler
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