Wilhelmsburg: Kein Müllofen, kein Geldregen

■ Neue Abfallverbrennungsanlage kommt statt nach Neuhof nach Altenwerder

Alles spricht für Altenwerder. Voraussichtlich am 7. Juni, rechtzeitig vor der Europawahl, wird nach taz-Informationen der Senat über den Standort für die dritte Hamburger Müllverbrennungsanlage (MVA) entscheiden. Das Ergebnis ist nicht schwer zu prognostizieren: Der von Umweltsenator Fritz Vahrenholt bislang gepushte Standort an der Nippoldstraße wird gekippt, die Anlage wird knapp zwei Kilometer westlich entstehen: am Rugenberg in Altenwerder.

Dieser Standort, von einem Senatsmitglied bereits als „allseits akzeptierte Lösung“ bezeichnet, könnte den Wilhelmsburger Widerstand abflauen und Vahrenholt sein Gesicht wahren lassen. „Wir werden gegen diesen Standort nicht protestieren“, kündigt Günther Glatz, Sprecher der Wilhelmsburger Initiative gegen die geplante MVA an: „Das Hafengebiet ist ein besserer Standort für die Anlage, weil es im näheren Umkreis keine Wohnbevölkerung gibt“.

Umweltsenator Fritz Vahrenholt favorisiert zwar weiterhin Neuhof als Heimat für die geplante Mülle, doch ließ er bereits durchblicken, daß er mit der Standortverschiebung um zwei Kilometer durchaus leben könne. Denn Vahrenholts kühnes Konzept, die bei der Müllverbrennung gewonnene Energie ins Fernwärmenetz einzuspeisen und damit sowohl die Dreckschleuder Neuhöfer Ölkraftwerk überflüssig zu machen als auch rund 600 Arbeitsplätze von BP Oiltec zu retten, könnte auch mit einer MVA Altenwerder aufgehen.

Zum Hintergrund: Die ins Schlingern geratene BP Oil soll die Fernwärme zum Billigtarif erhalten und so jährlich rund 3 Millionen Mark sparen. Der einzige Nachteil: Die Verlängerung der Fernwärmeleitung um knapp zwei Kilometer dürfte Mehrkosten zwischen 12 und 30 Millionen Mark nach sich ziehen. Je nachdem, ob die Rohre an der Köhlbrandbrücke befestigt werden können oder unterirdisch durch den Köhlbrand geführt werden müssen.

Die Zeche müßten sowohl die GebührenzahlerInnen wie auch die WilhelmsburgerInnen zahlen. In der Umweltbehörde rechnet man zur Zeit damit, daß die Leitungs-Mehrkosten die Hamburger Müllgebühren um ein bis zwei Prozent verteuern dürften.

Für den Senat ist's dennoch billiger: Nach dem Wilhelmsburger Widerstand der vergangenen Monate war klar geworden, daß die Standortentscheidung Neuhof den Wilhelmsburgern mit Kompensations-Millionen für soziale, ökologische und städtebauliche Stadtteil-Projekte zumindest versüßt werden müßte. Doch aus diesem warmen Regen wird nun wohl nichts mehr werden. Marco Carini