Polizeifäuste gegen Demonstranten in U-Bahn

■ Beamte sollen im Anschluß an Antifa-Demo am Samstag mehrfach auf Demonstranten in U-Bahn eingeprügelt haben / BVG und Polizei wissen von nichts

Zu Polizeiübergriffen ist es offenbar im Anschluß an die Demonstration „gegen die Kriminalisierung von AntifaschistInnen“ am vergangenen Samstag gekommen. Wie von mehreren Augenzeugen (Namen sind der Redaktion bekannt) gestern berichtet wurde, sollen Polizeibeamte in einem U-Bahn-Zug auf dem Bahnhof Turmstraße gegen 21 Uhr mehrfach Demonstranten und Passanten mit Faustschlägen und Fußtritten traktiert haben. Dabei seien immer wieder gezielt Faustschläge auf die Gesichter der Fahrgäste geführt worden. Einer türkischen Familie mit einem Kleinkind, die daraufhin in Panik geraten sei, sei es von den Beamten verwehrt worden, die U-Bahn zu verlassen. Als die Bahn nach zehn Minuten schließlich in Richtung Steglitz abfahren sollte, hätte einer der Beamten die Notbremse gezogen, um eine Person, die sich schützend vor eine alte Frau gestellt hätte, festzunehmen.

Die vorläufige Bilanz der Augenzeugen: Eine etwa 70jährige Frau habe eine aufgeplatzte Lippe davongetragen, eine Frau habe einen Nervenzusammenbruch erlitten, ein etwa 25jähriger Mann sei nach Fußtritten bewußtlos geworden, und eine Mutter sei verletzt worden, nachdem sie versuchte, die tretenden Polizeibeamten von ihren Kindern fernzuhalten.

Bereits nach Abschluß der Demonstration vor dem Untersuchungsgefängnis Moabit wurden die Demonstranten von einem Polizeispalier in den U-Bahnhof Turmstraße gedrängt. Unten auf dem Bahnsteig haben die Beamten nach Zeugenaussagen einen Großteil des Bahnsteigs abgesperrt, so daß im Eingangsbereich eine Paniksituation entstanden sei. Das BVG-Personal, das von mehreren Demonstranten darauf hingewiesen wurde, daß beim Einfahren eines U-Bahn-Zuges eine gefährliche Situation entstehe, habe nicht reagiert. Die Bitte an die BVG, eine einfahrende U-Bahn vorher durch eine Lautsprecheransage anzukündigen, sei mit dem Hinweis abgeschlagen worden, daß eine gefährliche Situation nicht vorhanden sei und im übrigen die Polizei die Verantwortung für den Vorgang übernommen habe. Als nach zehn Minuten schließlich ein U-Bahn-Zug eingefahren sei, hätte die Polizei die Demonstranten und Fahrgäste zunächst eintreten lassen und hinterher sich selbst mit Schildern und Knüppeln Zutritt in die Waggons verschafft. Die BVG- Pressestelle wollte gestern den Vorfall nicht bestätigen. Im Meldebuch hieß es, für den U-Bahnhof Turmstraße sei am vergangenen Samstag keine Eintragung vorhanden. Auch eine Verspätung eines U-Bahn-Zuges sei nicht vermerkt, obwohl dies, wie versichert wurde, bereits bei Verspätungen unter acht Minuten üblich sei.

Aus der Polizeipressestelle war gestern lediglich zu erfahren, daß die betreffende Einheit eine Sachbeschädigung an der U-Bahn mit Täterfeststellung vermeldet habe. Was im einzelnen vorgefallen sei, sagte ein Polizeisprecher, sei im Abschlußfernschreiben der Einsatzkräfte nicht vermerkt. Uwe Rada

Zeugen und Verletzte sollen sich beim Ermittlungsausschuß unter der Nummer 692 22 22 melden.