Breuel verteidigt die Mauer der Erfolgsmeldungen

■ Treuhandchefin im Untersuchungsausschuß geladen / Nach wie vor stimmen die Behörde und das Finanzministerium die Aktenherausgabe miteinander ab

Berlin (taz) – Die Präsidentin selbst fand ihr Schlußwort hart pathetisch. Aber es mußte wohl sein: „Wenn Sie wüßten, wieviel Herzblut in dieses Unternehmen geflossen ist...“ Den Satz mochte sie gar nicht mehr verwenden, und Otto Schily, Vorsitzender des Treuhand-Untersuchungsausschusses, mochte da nun schon gar nicht mehr protestieren. Die Befragung der Treuhandpräsidentin war wieder einmal zur Selbstdarstellung der Birgit Breuel geraten.

Ihretwegen hatte sich der Untersuchungsausschuß aus Bonn ins Berliner Rote Rathaus bemüht. Dort versuchte Otto Schily während mehr als vier Stunden, Breschen in die gewohnte Mauer aus Erfolgsmeldungen zu schlagen. Es gelang ihm nicht.

Schon in ihrem Eingangsplädoyer hatte Birgit Breuel die üblichen Stichworte aufgelistet. Die Aufgabe der Treuhand sei in aller Welt einmalig, daher mit normalen Maßstäben nicht zu messen. Ungefähr 14.000 Unternehmen wurden privatisiert, zwei Millionen Arbeitsplätze erhalten, und dazu gab es 175 Milliarden Mark Schulden – nicht etwa von der Treuhand verursacht, sondern als Ergebnis von 40 Jahren Sozialismus.

Einzelheiten über konkrete Entscheidungen der gigantischen Behörde aber sind für die Abgeordneten nach wie vor nur schwer zu ermitteln. Denn das Bundesfinanzministerium und die Treuhandanstalt stimmen sich gegenseitig ab, welche Akten den Parlamentariern überhaupt zugänglich gemacht werden. Der Fall ist noch immer beim Verfassungsgericht anhängig. Bis zu einer Entscheidung sind den Mitgliedern des Ausschusses die Hände gebunden.

An einem Punkt immerhin gelang es Otto Schily, die Erfolgsbilanz wenigstens in der Sitzung des Ausschusses ins Wanken zu bringen – wenn auch nicht bei Birgit Breuel, sondern bei ihrem inzwischen entlassenen Direktor der Abteilung Abwicklung, Ludwig Tränkner. Dieser hatte in der Öffentlichkeit davon gesprochen, in den abgewickelten Treuhandfirmen seien immerhin 30 Prozent der Arbeitsplätze erhalten geblieben. Birgit Breuel stellte gestern nun richtig, daß die Ausgangsbasis dieser Berechnung die Anzahl der Mitarbeiter bei Beginn der Abwicklung gewesen sei. Tränkner aber hatte den Eindruck erweckt, ein Drittel der DDR-Arbeitsplätze gerettet zu haben. Aber selbst bei der jetzt von Breuel eingeräumten Zählgrundlage scheinen 30 Prozent zu hoch gegriffen. Nach der Rechnung von Otto Schily bleiben in Wahrheit von Tränkners Arbeitsplatzzusagen nur die Hälfte übrig. Birgit Breuel, zum ersten Mal aus dem Konzept gebracht, versprach, der Sache nachzugehen. Niklaus Hablützel