Hochwertigste Ereignisqualität

■ Lorin Maazel, Markus Stenz, John Elliot Gardiner, Sabine Meyer, Vladimir Ashkenazy u.v.a.m.: Der Vorverkauf fürs Musikfest 94 hat begonnen

Das Musikfest Bremen wird also immer noch größer, höher und schöner: Mehrere „Erst- und Einmaligkeiten“ versprach uns gestern der leitende Prof. Thomas Albert, und wahrlich, man weiß gar nicht mehr wohin vor lauter „Ereignisqualität“. 28 Konzerte in Bremen, Bremerhaven, Bederkesa, Sengwarden und Worpswede, und lauter klingende, wenn nicht dröhnende Namen: An fängt's am 4. September mit dem leibhaftigen Lorin Maazel, welcher mit seinem Pittsburgh Symphony Orchestra sich ins Terminal des Europahafens begibt, um dort an origineller Stelle die 5. Symphonie von Prokofjev und den Bolero von Ravel aufzuführen.

Weiter geht's mit Bravour, und am 14. September ist gar unser neuer Generalmusikdirektor Markus Stenz erstmals hier zu hören: Er gibt mit seiner London Sinfonietta in der Glocke Werke von Birtwistle, Webern, Benjamin, Knussen und Schönberg. Ganz zu schweigen von der bedeutsamen Klarinettistin Sabine Meyer, die uns am 18. September im Bremerhavener Columbus-Bahnhof unter anderem eine Golden Hour of Benny Goodman's Greatest Hits bieten wird.

Und am 1. Oktober läßt sich auch noch erstmals einer der letzten großen Elefanten des internationalen Pianozirkus in Bremen sehen: Vladimir Ashkenazy spielt in der Glocke zwei Beethoven-Sonaten und etliches von Provkofjev.

Und am Ende des Festivals steht nach guter alter Sitte auch im fünften Jahr des Musikfestes Meister John Eliot Gardiner mit seinem Orchestre Révolutionnaire et Romantique: Am 2. Oktober hören wir also, was der Große Manitou der historischen Aufführungspraxis aus Beethovens Neunter (mit dem Monteverdi Choir!) zu machen versteht, und am nächsten Tag, dem 3. Oktober, erklingen Passagen aus „Roméo et Juliette“ und „Harold en Italie“ von dem Feuerkopf Hector Berlioz.

Dies alles steht jetzt schon in der Heimatzeitung, weil ab sofort der Vorverkauf beginnt, und die genannten Konzerte dürften zu den ersten gehören, für die die Karten knapp werden; das gilt erfahrungsgemäß vor allem für die Gardiner-Konzerte.

Die Veranstalter sind insgesamt guten Mutes, und selbst wenn nur 60 Prozent der Plätze belegt werden könnten, wäre die Finanzierung gesichert: An Unkosten kommen insgesamt 2,7 Millionen Mark zusammen; davon übernehmen die Senatsressorts Wirtschaft und Kultur mehr oder weniger bereitwillig je 300.000 Mark (das Kulturressort hatte seinen Anteil zwischendurch mal zurückgezogen, steht jetzt aber wieder Säckel bei Fuß), aus Bremerhaven kommen 200.000 Mark, dazu 550.000 Mark aus dem Kartenverkauf, fehlen immer noch 1,3 Millionen.

Wenn da nicht wieder unverbrüchlich die Sponsoren geradestünden! Das Musikfestmodell, welches darin besteht, daß jedes Konzert einzeln an einen Sponsor verkauft wird, hat sich bewährt, und zu den alten Hasen der Imagepflege wie Jacobs, Mercedes oder Lufthansa gesellen sich nun neue Namen von Klang und Geltung, bspw. „Frosta“, „Überlandwerk Nord-Hannover AG“ oder auch „Atlas Elektronik“.

Über so einem Fundament erhebt sich in seiner ganzen Ereignisqualität das Musikfest, und es ist direkt beruhigend, daß sich im Programm auch noch Platz gefunden hat für nicht ganz so geschäftsfördernd strahlende Einmaligkeiten. Zum Beispiel das Orchestra of the Age of Enlightenment mit der 5. Symphonie von Schubert und dem G-Dur-Violinkonzert, allwo wir die neue Bremer Hochschulprofessorin Monica Huggett als Solistin hören (10.9., Stadttheater BHV). Oder das Amsterdam Baroque Orchestra mit seinem Dirigenten Ton Koopman, welches eine Symphonie und ein Orgelkonzert von demverkanntesten Aufrührer der Musikgeschichte, namentlich Haydn darbietet (7.9., Kirche Unser Lieben Frauen). Oder die Tafelmusik Toronto mit dem Tölzer Knabenchor; diese lassen geistliche Werke von Haydn hören (9.9., Kirche Unser Lieben Frauen). Und so weiter.

Wer aber hören will, muß hingehen. Der Heimatsender, Abt. Hörfunk, Hauptabt. E-Musik macht noch keine Anstalten, auch nur eines dieser Konzerte aufzuzeichnen, geschweige zu übertragen. schak

Ab sofort sind schriftliche Vorbestellungen möglich beim Kartenservice Musikfest, Postfach 10 57 21, 28057 Bremen. Der allgemeine Vorverkauf (telefonisch: 0421-336 55 88 oder direkt bei den üblichen Stellen) beginnt erst am 13. Juni