Ende des Kalten Krieges nicht in Sicht

■ Oberfinanzdirektion streitet sich mit dem Bundesamt für Zivilschutz um den Verkauf von 29 Bunkern / Großes Interesse

Der Kalte Krieg ist längst kalter Kaffee, Trümmer- und Strahlenschutz mehr als überflüssig. Trotzdem ist Berlin nach wie vor mit Zivilschutzbunkern ausgerüstet, als stünde der Feind vor der Tür.

Die Oberfinanzdirektion (OFD) verwaltet 29 bundeseigene Zivilschutzbunker in Ost- und Westberlin und hat keinen größeren Wunsch, als diese loszuwerden. „Wir brauchen die einfach nicht“, sagt Elke Schnurpfeil, Referentin in der OFD. Deshalb hat die Behörde im letzten Jahr beim Bundesamt für Zivilschutz in Bonn eine pauschale Herausnahme der Bunker aus der Zivilschutzbindung beantragt.

Denn erst nach einer solchen Freigabe könnten Vertragsgespräche geführt werden, meint Schnurpfeil. „Die ersten Bunker sollten schon letztes Jahr verkauft werden“, klagt sie. Bewerber gibt es mehr als genug. Unter ihnen seien jede Menge Privatfirmen und Wohnungsbaugesellschaften, eine „bunte Mischung“, die seit Jahren ihr Interesse signalisierte.

Die Diskothekenbetreiber im Bunker in der Albrechtstraße in Mitte, wo zu DDR-Zeiten vom Volkseigenen Betrieb „VEB Obst und Gemüse“ Äpfel und Birnen für die Werktätigen gelagert wurden, haben von der Treuhandanstalt einen Pachtvertrag bis 1995 erhalten. Helmut John, Pressesprecher der OFD: „Wir würden den Bunker am liebsten veräußern.“

Michael Turley, Baudirektor beim Bundesamt für Zivilschutz in Bonn, hat zwar „keine Bedenken“ gegen eine Diskothek in einem Bunker. Die zivilschutzmäßige Nutzung müßte aber durch den Einbau entsprechender Türen, Fenster und Notausgänge jederzeit gewährleistet sein. Aber eine pauschale Herausnahme der Bunker aus der Zivilschutzbindung komme nicht in Frage.

In seinem Antwortschreiben von voriger Woche, das er im Einvernehmen mit dem Bundesminister des Inneren und des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau schrieb, teilte Turley der OFD mit, daß er nach Besichtigung von sechs Bunkern in Neukölln Bedenken habe, „eine ersatzlose Entlassung aus der Zivilschutzbindung vorzunehmen“. Die besichtigten Bunker seien aus „zivilschutztaktischer Sicht in hervorgehobener Weise geeignet, auch weiterhin für den Schutz der Bevölkerung herangezogen zu werden“.

Während Turley in der Mehrzahl der besichtigten Bunker von einem „zufriedenstellenden Zustand“ spricht, weiß Lothar Langanke, Liegenschaftssachbearbeiter bei der OFD, daß die insgesamt siebzehn Bunker in Neukölln größtenteils „gar nicht begehbar“ seien.

Die OFD will sich mit der Antwort aus Bonn, auf die sie acht Monate warten mußte, keinesfalls zufriedengeben. „Wir werden dagegen vorgehen“, kündigte Referentin Schnurpfeil gestern gegenüber der taz an. So will die OFD das Bundesfinanzministerium bitten, sich beim Bundesinnenminister für ihr Anliegen einzusetzen. „Wenn wir verkaufen können, gibt es sicher noch mehr Interessenten“, ist Schnurpfeil überzeugt.

Auch das Land Berlin verfügt über Zivilschutzbunker. Von den Luftschutzbunkern aus dem Zweiten Weltkrieg, die als ausbaufähig gelten, sind elf wiederhergestellt worden: beispielsweise in der Pallasstraße 30 in Schöneberg, am Fehrbelliner Platz 4 in Wilmersdorf und in der Stresemannstraße 90 bis 102 in Kreuzberg. Darüber hinaus sind auch Einrichtungen wie die U-Bahnhöfe Pankstraße und Gesundbrunnen im Wedding und Siemensdamm in Spandau sowie die Tiefgaragen am Ku'damm- Karree in Charlottenburg für die Verwendung als Schutzraum vorgesehen. Insgesamt verfügen diese Bunker über 26.000 Schutzplätze. Barbara Bollwahn