■ Press-Schlag
: Schimanski als Märchenprinz

Der Deutsche Basketballbund (DBB) hat einen Märchenprinzen gesucht. Und ihn gefunden. Wenngleich Bernd Motte, der die Frauen aus ihrem Dornröschenschlaf erweckte, alles andere verkörpert als einen galanten, strahlenden jungen Gebrüder-Grimm-Helden. Als kantiger, knurrender Schleifer hat sich der rotblondbärtige Polizeikommissar in der Szene einen Namen gemacht. Als Mann, der seinen Schützlingen lieber dreimal in den Hintern tritt statt sie zu verhätscheln. Kompromisse liebt er wie neugierige Nachbarn.

Nicht einfach sei es mit ihm, klagen Insider des Deutschen Meisters Barmer TV. Doch der Erfolg gibt ihm Recht. Gewährt ihm eine gewisse Narrenfreiheit. Unter seiner Regie, die eine bislang ungekannte Professionalität zur Maxime erhob, erklomm der Barmer TV die Spitze des europäischen Frauen-Basketballs – was also lag näher, als Motte im Doppelpack mit Co-Trainer Jens Vesper für das Europameisterschafts-Qualifikationsturnier der Nationalmannschaft im schwedischen Arvika zu verpflichten. Zumal die Hälfte des Kaders ohnehin aus Wuppertalerinnen besteht. Motte, als Perfektionist gleichermaßen gerühmt wie gefürchtet, dürfte seinen Job einigermaßen verflucht haben: Zu groß war das Gefälle innerhalb der Mannschaft; seine Philosophie, aus einer aggressiven Abwehr mit Blitzangriffen die Gegnerinnen zu überrennen, schien ähnlich schwer realisierbar wie weiland Erich Ribbecks Vierer-Abwehrkette bei den bajuwarischen Elite-Balltretern.

Überdies lastete auf allen Beteiligten, nicht nur auf dem Übungsleitergespann, ein enormer Erfolgsdruck, liegt doch die letzte deutsche Teilnahme an einer Europameisterschaft elf Jahre zurück. Ein erneutes Scheitern in der Qualifikation hätte wohl die Abstufung in die C-Kader-Förderung zur Konsequenz gehabt und damit den Absturz in die Bedeutungslosigkeit. „Sollten wir es nicht schaffen, müßten wir die gesamte Konzeption im Frauen-Basketball noch einmal überdenken“, hatte Bernd Motte noch vor wenigen Wochen skepsisbeflissen orakelt.

Daß sich durch den dritten Platz bei der schwedischen Challenge-Round die Frauen und Herren in der Hagener Korbjäger-Zentrale etliches Kopfzerbrechen erspart haben, hätte nach den ersten drei Spieltagen kaum jemand für möglich gehalten. Drei Niederlagen zum Auftakt ließen ein Debakel befürchten. „Es fehlte die Abstimmung zwischen Aufbau und Center, die Leistungsträgerinnen versagten völlig“, analysierte DBB-Frauenreferentin Silvia Otto. Im Angesicht der heraneilenden Pleite verzichtete der erfolgssüchtige Basketball-Schimanski auf wütendes Peitschenknallen und machte in etlichen Einzelgesprächen seinen deprimierten Schützlingen wieder Mut.

Und siehe da, mit Fortunas Hilfe ging das Rechenexempel doch noch auf: Moldawien bezwang Bulgarien, die Slowakei Gastgeber Schweden, und die Deutschen höchstselbst machten mit den griechischen Kontrahentinnen kurzen Prozeß. „Die Probleme haben sich allein im mentalen Bereich abgespielt, Bernd Motte hat den Spielerinnen wieder Selbstvertrauen eingeimpft“, jubilierte Silvia Otto.

Die Qualifikation zur Europameisterschaft im Juni nächsten Jahres in Brno (Tschechische Republik) sichert dem Frauen-Basketball zunächst die Existenz. „Ich gehe davon aus, daß der Bundesausschuß Leistungssport uns wieder in den A-Kader heraufstuft“, sagt Silvia Otto. Die Basis für finanzielle Forderungen an den DBB sei nun ebenso geschaffen wie die Voraussetzungen für eine bessere Kooperation mit den Bundesliga-Klubs. „Ich denke“, so die Frauenreferentin euphorisch, „daß jetzt niemand mehr die Verbandsmaßnahmen als vereinsschädigend bezeichnen wird.“ Markus Götting