Betteln für die Deutsche Bank

■ Nonnen und Mönche verlangen Ende der Schuldensklaverei

Frankfurt/Main (taz) – Seit der Schneider-Pleite ist die Deutsche Bank bekanntlich besonders arm dran. Sogar die Nonnen und Mönche hat nun das Mitleid gepackt. Daß der Vorstandsvorsitzende des größten europäischen Kreditinstituts, Hilmar Kopper, auf der Hauptversammlung in der vergangenen Woche in Düsseldorf einen herben Verlust von rund 500 Millionen Mark konstatieren mußte, animierte Ordensfrauen und -männer aus ganz Deutschland zu einer spektakulären Hilfsaktion: „Wir betteln für die Deutsche Bank!“

So jedenfalls steht es auf dem Flugblatt, das in diesen Tagen auf der nobelsten Einkaufsmeile der Republik, der Zeil in Frankfurt am Main, von Nonnen und Mönchen verteilt wird. Und die Kuttenträger halten den gutsituierten BürgerInnen, die sich im luxuriösen Einkaufszentrum „Les Facettes“, ein Projekt der zusammengebrochenen Schneider-Gruppe, mit französischem Parfüm oder unikaten Klamotten eingedeckt haben, auch gleich die Sammelbüchsen unter die Nase. Denn der Deutschen Bank, so die Ordensleute, dürfe nicht erlaubt werden, sich mit dem Verweis auf die Verluste aus den Geschäften mit Schneider aus der Verantwortung zu stehlen – und zwar für den Abbau der gigantische Schuldenlast der Länder der Dritten Welt.

Für die Initiative „Ordensleute für den Frieden“ sind die Schulden der ärmsten Länder der Erde bei den reichen Banken der Industriestaaten noch immer der „entscheidende Hemmschuh für die Überwindung von Hunger und Armut“. Die Banken selbst verdienen mit dem Schuldendienst weiterhin gutes Geld. Schließlich hätten vor allem die Länder in Lateinamerika schon weit mehr Geld für Zinsen gezahlt, als sie je an Krediten bekommen hätten. Nach wie vor spiele die Deutsche Bank in diesem Geschäft eine „Vorreiterrolle“, obgleich gerade sie bei einem Erlaß dieser Schulden kaum noch größere Verluste verbuchen müßte: „Die Deutsche Bank hat die Schulden der Dritten Welt in Höhe von rund fünf Milliarden Mark bereits zu 88 Prozent wertberichtigt.“ Und diese Wertberichtigung, der den Gewinn der Bank verminderte, habe letztlich zu einer Steuerersparnis in Höhe der Hälfte der Schuldensumme geführt.

Heute um 9.30 Uhr wollen die Ordensleute ihre prallvollen Sammelbüchsen in die noblen Geldspeicher der Deutschen Bank an der Frankfurter Taunusanlage tragen. Im Gegenzug sollen Hilmar Kopper und seine Vorstandskollegen sich für die Abschaffung der „Schuldensklaverei“ stark machen, fordern die Nonnen und Mönche. Schließlich habe schon der frühere Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank, Alfred Herrhausen, mehr als einmal öffentlich über einen Schuldenerlaß nachgedacht. Vielleicht, so sinnierten die Ordensleute, falle das Nachdenken beim Anblick der Rekordgewinne von 1992 und 1993 heute etwas leichter. Klaus-Peter Klingelschmitt