: Status Quo und Zukunftsangst
■ Neuer Bahnfahrplan: Kaum Änderungen, aber Ängste: ICE rauscht an Bremen vorbei
Im Nordwesten auf den ersten Blick nichts Neues: Der ab morgen gültige neue Fahrplan der zur „Deutschen Bahn AG“ mutierten Bundesbahn weist für Bremen kaum Veränderungen bei den Zugverbindungen auf. Je nach Sichtweise ist dieses Glas allerdings halbvoll oder halbleer: „Keine Verschlechterung für Bremen“ sagt die Bahn – „Keine Verbesserung und möglicherweise der Beginn der Abkopplung“, sagt dagegen Dieter Mützelburg, grüner Verkehrspolitiker.
Bei Bremen steht im neuen Fahrplan der Bahn vor allem „Angebot unverändert“: Auf der Strecke Bremen-Hannover fahren auch künftig 17 Züge im Stundenrhythmus, je acht ICE und IR und ein IC. Bremen-Uelzen, Bremen-Bremerhaven-Cuxhaven, Bremen-Verden und Bremen-Nordenham: „Das Gesamtangebot entspricht dem heutigen Umfang“. Jede Stunde fahren Nahverkehrszüge nach Oldenburg, der IC „Roland“ nach Berlin fährt morgens 15 Minuten früher als bisher. Ein kleines Lob für die Bahn gibt es vom Fahrradclub ADFC: Die elektronische Fahrplanauskunft enthalte endlich wieder Angaben über Mitnahmemöglichkeiten für Fahrräder, außerdem solle der doppelte Preis für die Mitnahme von Rädern abgeschafft werden.
Der neue Fahrplan macht auch deutlich: Bremen hält zwar den Status quo, aber der Zug der Zeit fährt an der Stadt vorbei. Für die Bahn spielt die Musik eindeutig auf den Strecken zwischen Hamburg-Frankfurt-München und zwischen dem Ruhrgebiet und Berlin. Da wird der „InterCityNight“ eingesetzt, ein Hotelzug mit Erster-Klasse-Service, da werden die Fahrzeiten immer weiter reduziert. „Fahrgäste aus Bremen profitieren von dem neuen Angebot, sobald sie Hannover erreichen und damit an das schnelle Netz angebunden sind“, meint denn auch Burkhard Ahlert vom Bahnbüro Hannover.
Denn schnelle Züge meiden Bremen: Der neu eingerichtete ICE von Köln nach Hamburg fährt zwar über Bremen, hält hier aber nicht: Er schwenkt in Hemelingen ab und läßt den Hauptbahnhof links liegen. „Äußerst unangenehm“ findet Mützelburg diese Entscheidung, die der Bahn etwa 20 Minuten Fahrzeit spart. „Wenn sich der derzeit überall zu beobachtende Trend fortsetzt, daß IC-Verbindungen durch ICE-Züge ersetzt werden, dann kann das der Anfang davon sein, daß Bremen abgehängt wird.“ Bereits vor zwei Jahren hatte die Bundesbahn trotz Protesten die IC-Verbindungen nach Bremerhaven eingestellt. Auf neuerliche Proteste der Bremer hat die Bahn jetzt angeboten, Bremen könne ja für 8000 Mark pro Zug die Strecke befahren lassen. „Ein unseriöser Preis“, meint Mützelburg. „Das geht viel billiger.“ Für die Zeit nach 1996, wenn im Zuge der Bahnreform der Nahverkehr regionalisiert wird, gebe es bereits Pläne der BSAG, mit eigenen Zügen die Strecke nach Bremerhaven verstärkt zu befahren. Die Bahn hat sich verpflichtet, bis 1997 den jetzigen Standard an Zugverbindungen zu halten – aber mehr eben auch nicht.
Obwohl die Bahn im letzten Jahr 800 Millionen mehr Minus als im Vorjahr gemacht hat und insgesamt 15,6 Milliarden Schulden vorwies, bleiben die Preise stabil: 24 Pfennig pro Kilometer kostet das Bahnfahren, in den neuen Ländern statt bisher 15 jetzt 17 Pfennig. Teurer werden im Westen nur die ICE-Verbindungen Hamburg-München und Stuttgart- München. bpo
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