„Der Beschluß wird umgesetzt“

■ Das Übergangswohnheim für Drogenabhängige kommt nach Burg

Die FDP legt sich quer in der Drogenpolitik des Senats: Bei der Sitzung der Sozialdeputation am vergangenen Donnerstag haben die Liberalen versucht, die Realisierung eines Übergangswohnheims für 36 Drogenabhängige in Bremen-Burg zu stoppen, obwohl es für das Projekt schon längst einen Senatsbeschluß gibt. Zum Projekt in Burg sollte ein weiteres Wohnheim beschlossen werden, wofür der Standort allerdings noch nicht feststeht. Mit diesen beiden Übergangswohnheimen könnten die Notübernachtungen für Junkies auf der Oberneulander Fohlenwiese, in der Föhrenstraße und auf dem Wohnschiff „Jola“ an der Stephanibrücke aufgegeben werden. Die FDP verlangt vor ihrer Zustimmung eine genaue Kostenkalkulation, ob dieser Ersatz tatsächlich billiger ist als der Status Quo. Doch so sehr sich die FDP auf die Bremse stellt: Das Übergangswohnheim soll kommen. Das versichrte gestern dioe Sozialsenatorin Irmgard Gaertner auf Nachfrage.

Die Überlegung, die teuren Notübernachtungen überflüssig zu machen, ist nicht neu. Sie hat noch einmal Nahrung bekommen, als herauskam, daß die wegen ihrer schlechten Standarts ohnehin schon umstrittene „Jola“ nach dem Wegfall von Bundeszuschüssen zum Ende letzten Jahres mehr als 650.000 Mark pro Jahr verschlingt. Die gleichfalls heftig umstrittenen Übernachtungscontainer in Oberneuland sollen im Sommer dieses Jahres aufgegeben werden. Dazu kommt die konzeptionelle Überlegung, daß Übergangswohnheime auf die Dauer nicht nur wesentlich billiger, sondern auch wesentlich günstiger für die Drogenabhängigen sind. Die Funktion der Notübernachtungen ergibt sich schon aus deren Namen, Übergangswohnheime dagegen sollten dafür sorgen, die vielfach verelendeten Abhängigen soweit zu stabilisieren, daß sie nach einiger Zeit in einer eigenen Wohnung untergebracht werden können.

In dieser Situation hatte das Sozialressort relartiv rasch ein geeignetes Objekt gefunden. Am Bahnhof Burg sollten in einem Haus 36 Plätze geschaffen werden. Der Beirat lief Sturm, die Bremer FDP schloß sich dem Protest an. Neben allen bekannten Bedrohungsargumenten waren es vor allem städtebauliche Argumente, die gegen die Junkies ins Feld geführt wurden. Schließlich sollte der heruntergekommene Bahnhof gerade aufgemöbelt werden, da paßt das Klientel nicht ins Bild.

Nach mehreren schwierigen und zähen Verhandlungen innerhalb der Ampel und der Sozialdeputation war es schließlich der Senat, der hinter die Diskussionen einen Punkt setzte. Er beschloß das Projekt in Burg. Doch da hatte sich das Blatt gewendet, es hieß, der Investor sei nach dem langen Hin und Her abgesprungen. Der überlegte sich die Sache nun aber doch wieder anders. Dem Projekt stand also nichts mehr im Wege.

In dieser Situation wollte sich aber die leidgeprüfte Sozialsenatorin noch einmal der Koalition versichern und das Übergangswohnheim „zur Kenntnisnahme“ auf die Tagesordnung der Sozialdeputation setzen. Mit zweifelhaftem Erfolg, denn die FDP nutzte die Gunst der neuerlichen Behandlung, um noch einmal die Gegnerschaft zu mobilisieren und das komplette Verfahren trotz Senatsbeschlusses ganz von vorne aufzurollen. Am Rande der letzten Bürgerschaftssitzung versuchte der FDP-Fraktionschef Heinrich Welke, die Sozialsenatorin Irmgard Gaertner zu überreden, die Unterlagen zum Burger Wohnheim erst gar nicht an die Deputierten zu verschicken. Sein Argument: Zuerst müsse noch einmal geprüft werden, ob die neuen Wohnheime tatsächlich billiger seien, als die Notcontainer und die Jola. „Da muß uns die Senatorin noch einmal informieren“, sagte die FDP-Sozialpolitikerin Annegret Pauzke zur Erklärung des Vorstoßes. Schließlich sei es ja nicht nur um Burg gegangen, sonder außerdem noch um ein zweites Wohnheim mit derselben Kapazität, das möglicherweise erst noch gebaut werden müsse. Für diesen Vergleich will die FDP, so Frau Pauzke, dann aber nicht etwa die aktuellen Zahlen der Notunterkünfte heranziehen: „Wenn man das berechnet, dann mit der Jola vor Auslaufen der Bundesmittel.“

Die Vorlage kam in die Abstimmung und Annegret Pauzke verlangte die Aussetzung der „Kenntnisnahme“ – mit Erfolg. Doch genützt hat es der FDP nichts. Das Burger Wohnheim kommt, FDP hin oder her. Sozialsenatorin Irmgard Gaertnert gestern zur taz: „Das ist ein Senatsbeschluß und der wird umgesetzt.“ J.G.