Keine 218-Reform!

■ SPD-Frauen kritisieren Fraktionsspitze

Bonn (taz/dpa) – Die im Bundestag mit nur vier Stimmen Mehrheit durchgesetzte Reform des § 218 wird im Bundesrat nicht nur von den SPD-geführten Bundesländern abgelehnt. Auch die CDU/FDP-Koalitionsregierung von Mecklenburg-Vorpommern will das Gesetz nicht unterstützen. Schleswig-Holsteins Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD) sagte: „Wir müssen im Bundesrat alles versuchen, um im Interesse der Frauen nachzubessern.“ Unterdessen riefen SPD-Frauenarbeitsgemeinschaften nach Konsequenzen wegen des Verhaltens der Bonner Fraktionsführung. Bei der Schlußabstimmung über das umstrittene Abtreibungsgesetz hatten 47 Bundestagsabgeordnete der SPD gefehlt.

Die nordrhein-westfälische Frauenministerin Ilse Ridder-Melchers (SPD) sieht bis zu den Wahlen wenig Chancen für eine Einigung über das Abtreibungsrecht. In einem dpa-Gespräch sagte sie gestern, die SPD sei zwar gesprächsbereit. Ihre Partei könne jedoch nicht auf ihre „Essentials“ verzichten. Dazu gehörten ein liberaleres Beratungsrecht, die Finanzierung des Abbruchs für bedürftige Frauen über Krankenkassen und keine Schnüffelei bei den Angehörigen der Schwangeren, die abtreiben will. „Die Konsequenz ist,“ so Ridder-Melchers, „daß das Gesetz bis nach den Wahlen liegenbleibt – bis im Bundestag andere Mehrheiten herrschen.“ Demgegenüber hatte SPD-Bundesgeschäftsführer Günter Verheugen – der bei der Bundestagsabstimmung zu den fehlenden SPD-Männern gehörte – erklärt, die SPD strebe noch vor der Wahl eine Einigung mit der Regierungskoalition an.

Die Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen Westliches Westfalen forderte eine deutliche Rüge für den Fraktionsvorstand wegen des Fernbleibens so vieler Abgeordneter bei der Endabstimmung. Ridder-Melchers zeigte „kein Verständnis“ für das Verhalten der Abgeordneten. Auch Heide Simonis teilte die „Wut und Empörung der Frauen“ über das Fernbleiben der SPDler. Der Bundesrat sei keine „Reparaturwerkstatt für säumige Abgeordnete“.