Grüne Panther von zwei Twens abgehängt

■ Erneut Erfolge für die grüne Jugend beim Landeslisten-Parteitag in Hessen

Frankfurt/Main (taz) – Die Jugendlichen bei den Bündnisgrünen in Hessen kommen gewaltig – kaum einer der altgedienten Parteicracks scheint sie aufhalten zu können. War es Matthias Berninger (23), der auf der Landesversammlung zur Aufstellung der Bundestagswahlliste vor knapp drei Monaten den Intimus von Joschka Fischer, Hubert Kleinert, aus dem Felde schlug, so sorgte am Sonnabend bei der Landesversammlung zur Aufstellung der Landesliste für die Landtagswahl 1995 der Newcomer Tarik Al-Wazir (23) für Furore. Der „Offenbacher Bub“ (Al-Wazir) setzte sich bei seiner Kandidatur für den zweiten Männerplatz gegen den als „Hoffnungsträger“ der hessischen Bündnisgrünen gehandelten Staatssekretär im Ministerium für Jugend, Familie und Gesundheit, Alexander Müller (39), durch. Im dritten Wahlgang hatte Al-Wazir mit 293 gegen 274 Stimmen die Nase vorn. Bei den Kids im Bürgerhaus von Griesheim wurde der zweite Coup der Grünen Jugend Hessen (GJH) in nur hundert Tagen mit Apfelweinsekt begossen.

Wie ein begossener Pudel mußte sich Müller dennoch nicht fühlen. Der Soziologe aus Marburg wurde mit dem besten Ergebnis des Tages (371 Stimmen) auf den sechsten Listenplatz gewählt. Mit Ursula Hammann (39) aus dem südhessischen Ried kam eine weitere Kandidatin, der zuvor kaum Chancen ausgerechnet wurden, auf den sicheren fünften Listenplatz. Die mehr als 600 Mitglieder der hessischen Bündnisgrünen befriedigten damit zum zweiten Mal ihr offenkundiges Bedürfnis nach Emanzipation von den Vorstellungen der MacherInnen aus Landesvorstand und Landtagsfraktion. Die engagierte Kämpferin gegen die Giftmüllverbrennungsanlage der Hessischen Industriemüll GmbH (HIM) setzte sich mit 311 Stimmen gegen die Landtagsabgeordnete Karin Hagemann durch, die auf dem siebten Platz landete.

Keine Experimente wagte die Partei dagegen bei der Besetzung der ersten beiden Listenplätze. Schon im ersten Wahlgang wurde die Ministerin für Jugend, Familie und Gesundheit, Iris Blaul, mit dem denkbar knappsten Wahlergebnis von 209 Stimmen erneut zur Listenführerin gewählt. Blaul wurde so für die diversen Querelen in ihrem Ministerium in den ersten beiden Jahren der laufenden Legislaturperiode abgestraft. Nur Zuckerbrot gab es für den amtierenden Fraktionschef im Landtag, Rupert von Plottnitz (53). Mit 330 Stimmen ließ Plottnitz, der schon Ende Oktober Nachfolger von Umweltminister Joschka Fischer werden soll, seine drei Konkurrenten weit hinter sich. Platz drei ging an die Stadtkämmererin von Maintal, Priska Hinz (35).

Platz acht ging an den Schulpolitiker Fritz Hertle (MdL) aus Fulda. Auf die Plätze neun und zehn wurden die Landtagsabgeordneten Evelin Schönhut-Keil und Reinhold Weist gewählt. Dann schlug die Jugend nochmal zu: Mit der 22jährigen Sonja Perschbacher auf dem aussichtsreichen elften Listenplatz – und mit Al-Wazir – haben die Grünen in Hessen dafür gesorgt, daß die Partei auch dann mitmischen kann, wenn die Apo- Opas und -Omas in Rente gehen. Dany Cohn-Bendit jedenfalls denkt bereits laut darüber nach, schon bald unterm Sonnenblumendach auch eine Seniorenvereinigung zu gründen. Klaus-Peter Klingelschmitt