Die Lyra spielt zum Tanz auf

■ Musik und Tanz rund ums Rote Meer im Völkerkundemuseum

Rund um das Rote Meer blicken wenig bekannte Kulturlandschaften auf eine sehr lange Geschichte zurück. Beim Festival traditioneller Musik um das Rote Meer gibt ab dem 1. Juni das Völkerkundemuseum Einblicke in diese Kulturen.

Neben der 20köpfigen Gruppe aus Eritrea und der 30köpfigen Gruppe aus Djibouti war auch ein Volkstanz-Ensemble aus dem jemenitischen Zabid eingeladen, doch in den Bürgerkriegswirren ging der Kontakt verloren, niemand kommt aus dem Land heraus, es gibt keine Nachricht aus Zabid.

An der südlichen Spitze des Roten Meeres liegt das seit 1977 unabhängige Djibouti. Es ist gerade so groß wie Sizilien, und dort leben die Afar und Issa. Beide Volksgruppen sind islamisch, ihre Musik arabisch geprägt. Eritrea schließt sich im Westen an Djibouti an. Etwa so groß wie die Ex-DDR, erstreckt es sich an der Küste entlang bis hin zum Sudan. Eritrea ging 1952 eine Föderation mit Äthiopien ein. Zehn Jahre später „schluckte“ dieser große südliche Nachbar Eritrea dann ganz, was zu einem 30jährigen Bürgerkrieg führte. Seit 1993 ist Eritrea unabhängig.

Kulturgeschichtlich ist dieses Land äußerst interessant, da der mediterrane Einschlag der Musik nie ganz gewichen ist. Es entstand eine kulturell eigenständige Insel, die mit dem arabischen Norden oder dem Afrika südlich der Sahara wenig zu tun hat. Wichtigstes Musikinstrument ist die Lyra, ein fast 3000 Jahre altes Saiten-Zupfgerät, auf dem schon Homers Helden spielten.

Etwas blauäugig scheint jedoch, über das hohe Alter der dortigen Kulturen, die jüngeren politischen Entwicklung in diesen Ländern zu vergessen. Kein Wort verlieren die Infos des Museums über das vergangene Chaos und Morden in Eritrea, aber die einzelnen Tänze werden genauestens vorgestellt. Also ein völlig überkommenes Traumschiff-Afrikabild, das mit der Realität eines vielerorts lodernden Kontinents nichts zu tun hat?Klaus Schneider vom Völkerkundemuseum versteht diesen Vorwurf, wendet aber ein, daß es sich um eine „isolierte Musikveranstaltung handele und daß wenigstens bei der Eröffnung auf die aktuelle Situation eingegangen werde.

Stephan Pflug

1. 6.: Konzert Eritrea / 3.6., 20 Uhr: Wegen Ausfall des Jemen-Konzertes spielt die „Grupo Etnográfico“ zum Auftakt des portugiesischen Festes, das am Wochenende im Völkerkundemuseum stattfindet 14.6., 19 Uhr: Konzert Djibouti