Staatsknete für freie Schule

■ Umzug und Unterstützung der Kinderschule erhitzt die Gemüter

„Dieser Streit wird zum Politi-kum, weil wir einen anderen Weg gehen“, sagt Detlef Papke. Papke ist einer der LehrerInnen an der Kinderschule am Körnerwall. Die seit einem Jahr staatlich anerkannte Modellschule mit derzeit 36 SchülerInnen von vier bis zehn Jahren soll vom Viertel in die Lothringer Straße in Schwachhausen umziehen, denn ihr altes Haus ist der Behörde nicht sicher genug. Dafür stellt die Bildungsbehörde zum ersten Mal einen Etat von schlappen 500.000 Mark zur Verfügung.

Leer gehen jedoch acht Bremer Schulen aus. Dort wurden insgesamt 400.000 Mark aus dem Topf gestrichen. Den Vorwurf, es handele sich bei der Kinderschule um ein besonders gefördertes Lieblingskind der Grünen weist Anja Blumenberg vom Vorstand der Schule zurück: „Durchgepowert hat das Projekt Herr Scherf und nicht die Grünen.“ Es habe bereits vor der Wahl Gespräche mit dem Bildungssenator gegeben. Bei dem Streit um die Bewilligung der Gelder für die Kinderschule werde ein bildungspolitischer Konflikt zwischen freien und staatlichen Schulen hochgekocht, der real mit der Kinderschule wenig zu tun habe. Blumenberg räumt jedoch ein, daß eine halbe Million Mark angesichts der drastischen Kürzungen bei Schulen und Projekten viel sei. Sie seien de facto privilegiert.

Offen sei aber auch, ob mit der halben Million von der Bildungsbehörde die Kosten für den Umbau der Schule überhaupt vollständig gedeckt würden. Sämtliche Wasserleitungen aus Blei im Gebäude müßten erneuert werden, die Räume umgestaltet und die Küche ausgebaut werden. Die Räume an der Straße seien alle nur einfach verglast. Dementsprechend laut ist es im angeblich so grünen und ruhigen Domizil der Lothringer Straße. „Ein schlechter Tausch“, meint daher die Mutter Barbara Schütt zu den Umzugsplänen.

Wenig begeistert von Umzug und Förderung durch die Behörde ist die GesamtschülerInnen-Vertretung und der italienische Kulturverein: Beide müssen der Kinderschule erstmal Platz machen und das Feld räumen. Der Umzug hat sich enorm verzögert. Doch die Zeit drängt: zum 1. August läuft der Mietvertrag am Körnerwall aus. Der Umbau in der Lothringer Straße wird voraussichtlich erst Anfang nächsten Jahres fertig sein. Bis dahin bekommt die Kinderschule in dem neuen Gebäude vorerst drei Räume - ein schwacher Trost.

13 Jahre hat es gedauert, bis die Kinderschule die staatliche Anerkennung in der Tasche hatte. Modellcharakter hat das Projekt zweifelsohne: Kinder dürfen sich aussuchen, was und wann sie lernen wollen, der Unterricht ist jahrgangsübergreifend und es gibt Lernentwicklungsberichte statt Zensuren - das hat nach Ansicht von Detlef Papke nichts mit einer „Eliteschule“ zu tun. Ziel sei es, die Kinder in eine feste Gemeinschaft zu integrieren und ihr Selbstbewußtsein zu stärken. So gehört es auch zu dem Konzept, daß SchülerInnen gemeinsam frühstücken.Die allgemeinen Verwaltungskosten sind erheblich niedriger als an einer „normalen“ Schule: „Wenn dort eine Videokamera beantragt wird, geht das durch 150 Hände. Das entfällt bei uns.“ Anja Blumenberg will pro Jahr mindestens zehn Jungen und Mädchen aufnehmen. Die „Neuen“ können sich langsam eingliedern; sie haben Zeit, die anderen Kinder kennenzulernen. Langfristig sollen bis zu 80 SchülerInnen Platz haben. Und genug Raum - das haben heute viel zu wenig Kinder.

Fränze Stucky