Kolumbiens Bürger müssen zur Stichwahl

■ Aber schon zum ersten Durchgang der Präsidentschaftswahlen gingen weniger als ein Drittel der Wähler / Die Kandidaten der beiden Altparteien liegen gleichauf

Bogotá (AFP/dpa/taz) – Das Zweiparteiensystem in Kolumbien bleibt unangetastet. Mit einem äußerst knappen Vorsprung hat der Kandidat der Liberalen, Ernesto Samper, den ersten Durchgang der Präsidentschaftswahlen am Sonntag in Kolumbien gewonnen. Nach offiziellen Angaben erhielt Samper 45,2 Prozent der Stimmen, sein konservativer Gegenkandidat Andrés Pastrana 44,8 Prozent. Die Angaben stützten sich auf 97 Prozent der ausgezählten Stimmen. Da keiner der beiden Kandidaten die absolute Mehrheit erreichte, müssen sich Samper und Pastrana am 19. Juni einer Stichwahl stellen. Der Sieger tritt am 7. August sein Amt an. Der 43jährige Samper war bereits unter Gaviria Entwicklungsminister. Der 39jährige konservative Politiker Pastrana ist der Sohn des früheren Präsidenten Misael Pastrana. Der scheidende Präsident César Gaviria durfte sich nach der kolumbianischen Verfassung nicht um eine neue Amtszeit bewerben.

Nur 32 Prozent der Kolumbianer beteiligten sich an den Präsidentschaftswahlen – eine Rekord- Tiefmarke, die wohl in drei Wochen noch mal durchbrochen werden wird, da Beobachter für den zweiten Wahlgang mit einer noch geringeren Wahlbeteiligung rechnen. Präsident Gaviria hatte zuvor alle Bürger aufgerufen, von ihrem Stimmrecht Gebrauch zu machen.

Der frühere Untergrundkämpfer Antonio Navarro der Bewegung M-19 kam den Angaben zufolge mit 3,8 Prozent der Stimmen auf Platz drei. Noch 1990 hatte er einen Stimmenanteil von 12,5 Prozent erhalten. Nach diesem Mißerfolg gilt der Versuch der ehemaligen Guerillabewegung M-19, auf demokratischem Wege das Machtmonopol der Liberalen und der Konservativen zu brechen, als gescheitert.

Nur 0,9 Prozent stimmten für den ehemaligen Chef der Geheimpolizei, Miguel Maza, der für die Erschießung des flüchtigen Drogenbosses Pablo Escobar vor sechs Monaten verantwortlich war.

Am Wahlwochenende war es mehrfach zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen der linksgerichteten Guerilla des Landes und der Armee gekommen, wobei insgesamt neun Menschen getötet wurden. Die kommunistische „Revolutionäre Front“ (FARC) und die Guerillaorganisation Nationales Befreiungsheer (ELN), die zusammen etwa 10.000 Kämpfer vereinen, hatten zuvor angekündigt, sie würden die Präsidentschaftswahlen in Kolumbien sabotieren. Im ganzen Land waren die Sicherheitsvorkehrungen massiv verstärkt worden; rund 200.000 Soldaten und Polizisten waren im Einsatz. Insgesamt sei der Wahltag jedoch ruhig verlaufen, teilten die Behörden mit.