Kampfansage an Filmförderung

■ GAL: Wirtschaftssenator „vergrault Filmindustrie“ / Wegfall der wirtschaftlichen Filmförderung bedroht Arbeitsplätze Von Julia Kossmann

Während traditionelle Industriebereiche allerorten zusammenbrechen, macht sich Hamburgs Wirtschaftssenator Erhard Rittershaus (parteilos) daran, die wirtschaftliche Filmförderung, also den Filmfonds Hamburg, mit einer Nullrunde abzuwickeln. „Wirkungsvoller kann man die Filmwirtschaft nicht vergraulen“, gab die Bürgerschaftsfraktion der GAL gestern im Vorfeld der heutigen Aktuellen Stunde in der Bürgerschaft zu Protokoll.

Die kulturelle Filmförderung des Filmbüros wurde bereits von 7,4 auf 6,1 Millionen 1994 gekürzt. Und Filmfonds-Chef Michael Eckelt traut inzwischen keiner der kursierenden Zahlen mehr. Statt der jährlichen Bewilligungssumme von 7,4 Millionen Mark rechnet er derzeit mit dem schlimmsten, nämlich mit 4,6 Millionen für 1994 und 1995 zusammen. „Das ist so viel wie nichts“, so Eckelt.

„Das ist keine Kürzung, das ist eine Kampfansage“, wertet der Hamburger Produzent Michael Schaak (“Der kleene Punker“, „Werner“, „Felidae“) die radikale Kürzungsabsicht. Er hat in den vergangenen Jahren – mit Unterstützung des Filmfonds – seine Produktionsgesellschaft ausgebaut, die 20 Festangestellte und zu Produktionszeiten bis zu 100 freie Mitarbeiter beschäftigt. Viele Fachkräfte hat er inzwischen hier ausgebildet, Co-Produzenten im Hinblick auf die Fördermöglichkeiten in die Stadt gelockt, und nun leitet er ein zukunftsweisendes Unternehmen, das sich in der Mischkalkulation zwischen Spielfilm, TV-Produktionen und Werbefilm etabliert hat. „Wir sind hier lange reingewachsen“, so Schaak, der keine Lust hat, Hamburg zu verlassen; aber als Unternehmer, der sich verantwortlich für seine Mitarbeiter fühlt, sagt er: „Mittel- bis langfristig müssen wir uns woandershin orientieren, haben dann nur noch ein kleines Büro in Hamburg.“

Ein Rechenbeispiel, wie Rittershaus' Plan die Stadtkasse künftig leeren wird: Wenn eine Firma für einen Film von 15 Millionen Mark vom Filmfonds zwei Millionen Mark Zuschuß bekommt, steht in der Regel fest, daß die Hälfte der gesamten Produktionskosten in Hamburg ausgegeben wird. Fällt die Förderung weg, entgehen der Stadt Steuern, und der Filmwirtschaft laufen die Fachkräfte nach Berlin oder Nordrhein-Westfalen davon, wo Filmindustrie als Zukunfts- und Standortfaktor verstanden und gefördert wird.

Untersuchungen prognostizieren dem Film- und TV-Markt in Europa bis zum Jahr 2010 eine Steigerung um 300 Prozent. Der Wirtschaftssenator hingegegen scheint sich alle Mühe zu geben, die zukunftsträchtige Filmindustrie in Hamburg zu demontieren. Bei der heutigen Debatte in der Bürgerschaft dürfte er dafür weniger Applaus als Zorn ernten. Denn Diskussionen über neue Förderungskonzepte sind sinnlos, wenn der Geldhahn zugedreht wird.