Hilfe für prominenten Knacki

■ Der französische Spitzenunternehmer Didier Pineau-Valencienne muß heute vor einem belgischen Gericht erscheinen / Ihm wird Betrug vorgeworfen

Brüssel/Paris/Berlin (AFP/taz) Die Spitzen des französischen Kapitals gründen ein Unterstützerkomitee, der konservative Regierungschef Edouard Balladur teilt seinem belgischen Counterpart seine „Überraschung“ mit, und der sozialistische Präsident François Mitterrand ist „indigniert“: Die Solidarisierung gilt einem der prominentesten französischen Unternehmer, Didier Pineau-Valencienne, der seit Freitag in einem Gefängnis bei Brüssel sitzt und heute vor einem belgischen Gericht erscheinen muß. Vorgeworfen wird „DPV“, wie der Konzernchef der Schneider-Gruppe in Frankreich genannt wird, eine stattliche Liste von Wirtschaftsdelikten, die von Betrug über Urkunden- und Bilanzfälschung bis hin zu Vertrauensmißbrauch reichen. Exakt gleichlautende Anklagen richten sich gegen den italienischen Bankier Valentino Foti, der ebenfalls seit Freitag in Brüssel hinter Gittern sitzt und verhört wird. Darüber, ob es gemeinsame dunkle Machenschaften des französischen Konzernchefs und des italienischen Bankiers gibt, schweigen sich die belgischen Ermittler aus. Ihr Justizminister bestreitet, daß es sich um eine belgische Version des Antimafia-Kampfes handelt.

Pineau-Valencienne und Foti verbindet eine belgische Immobilien- und Finanzgesellschaft, die „Compagnie immobilière et financière de Patience et Beaujonc“. Der Mailänder Bankier ist einer der Aktionäre der Firma. Der Schneider-Konzern besitzt über seine belgischen Töchter „Cofibel“ und „Cofimines“ Anteile an der Gesellschaft. Im Oktober hatte Pineau-Valencienne mitgeteilt, daß ein belgischer Manager seines Konzerns seinerzeit über den Erwerb der Anteile entschieden habe. Der Manager war im März 1993 bei einem Flugzeugunglück gestorben.

Ebenfalls im Oktober hatten Minderheitsaktionäre von „Cofibel“ und „Cofimines“ Anzeige gegen Pineau-Valencienne erstattet. Sie warfen ihm vor, Aktien der beiden Gesellschaften unter Wert an der Börse angeboten zu haben. Außerdem bezichtigten sie ihn, die Firmen benutzt zu haben, um sich an der Schweizer Bank „Fimo“ zu beteiligen, die in Drogengeschäfte verwickelt sein soll. Sechs belgische Zeitungen berichteten, die Bank wasche Drogengelder und sei deshalb Gegenstand von Ermittlungen der italienischen Justiz. Chef der Fimo ist der italienische Bankier Foti.

Die Schneider-Gruppe hatte die Zeitungsberichte bestritten und die Verlage auf 2,5 Milliarden belgische Franc (rund 125 Millionen Mark) Schmerzensgeld verklagt. Die Minderheitsaktionäre zogen ihre Vorwürfe inzwischen zwar zurück, doch ein belgischer Richter entschied, die Ermittlungen weiterzuführen.

Die belgischen Ermittler zeigen sich mit den Erkenntnissen, die sie aus den Befragungen der beiden Verhafteten erhielten, zufrieden. In Frankreich hingegen herrscht Unverständnis für die Affäre. Pineau-Valencienne sei ein „tadelloser Chef“, bescheinigen ihm französische Kollegen, darunter auch die ehemalige sozialistische Regierungschefin Edith Cresson, die ihn 1991 zum „Unternehmer des Jahres“ kürte.

„Das kann uns allen passieren“, ängstigt sich der Chef des Versicherungskonzerns UAP, Jacques Friedmann.

Die Schneider-Gruppe, mit weltweit 91.000 Angestellten, wehrt sich gegen den Verdacht, ihr 63jähriger Chef habe beim Waschen von Drogen- oder Mafiageldern mitgewirkt. Das sei nichts weiter als ein „verleumderisches Gerücht“.