„Europa von unten“

■ Linkes Bündnis bereitet Aktionen zum EU-Gipfeltreffen in Essen vor / Bundesweite Konferenz am Wochenende

Essen (taz) – Die zwölf europäischen Regierungschefs, die sich am 9. und 10. Dezember zum Abschluß des bundesdeutschen EU- Vorsitzes in Essen versammeln, um über die Aufnahme weiterer beitrittswilliger Länder in die EU zu befinden, sollen nicht unter sich bleiben. Dafür will ein linkes Bündnis von EU-Gegnern sorgen. Der Gipfel, so heißt es in einem Aufruf der Essener InitiatorInnen, biete „die große Gelegenheit, die unsoziale, neokoloniale und chauvinistische Politik der EU zu thematisieren und unseren Protest auf die Straße zu tragen“. Die Chance dafür „war noch nie so günstig wie 1994“. Ob dem tatsächlich so ist, steht dahin. Bisher ist diese Botschaft bundesweit jedenfalls nicht durchgedrungen. Wenn bei der zweiten nationalen Aktionskonferenz am Wochenende in Essen kein bundesweiter Trägerkreis zur Vorbereitung der „Gegenaktivitäten“ zustande kommt, dann, so fürchtet einer der Koordinatoren aus Essen, Thomas Binger, „müssen wir uns bei der Mobilisierung wohl auf den regionalen Raum beschränken“. Während der Weltwirtschaftsgipfel in München oder das Weltbanktreffen in Berlin schon im Vorfeld bundesweit zu hitzigen Debatten und Polarisierungen führte, weckte der angekündigte EU-Gipfel in Essen bisher kaum Emotionen. Neben der grünen Europa-Fraktion, der Öko-Linken um Jutta Ditfurth und dem Bundesverband entwicklungspolitischer Aktionsgruppen (Buko) beteiligten sich an den bisherigen Vorbereitungen nur regionale Initiativen – darunter auch Autonome aus dem Revier – oder Einzelpersonen.

Bleibt es bei dem vorerst beschlossenen Ablauf, dann wird das Wochenende der EU-Gegner am Freitag (9.12.) mit einem „Gegengipfel“ beginnen. Am Samstag soll Essen dann in einem Meer von Demonstranten versinken, bevor am Sonntag der „Gegengipfel“, eine Art Tribunal gegen den herrschenden EU-Kurs, die Perspektive für eine europäische Integration „von unten“ debattiert. Dabei soll es auch darum gehen, „die Vernetzung sozialer Bewegungen“ in Europa ganz praktisch zu fördern. Binger hofft, daß durch eine große Beteiligung am kommenden Samstag – das Treffen findet ab 11 Uhr im Essener soziokulturellen Zentrum „Zeche Carl“ statt – das Fundament dafür gelegt werden kann, „unsere Kritik am EU-Kurs im Dezember einer breiten Öffentlichkeit kundzutun“. W. Jakobs