piwik no script img

Schwul & geil

■ „Super 8 1/2“: der neue Film von Bruce LaBruce im Alabama-Kino

„Es ist Kunst, aber man kann trotzdem dabei wichsen; wie bei Mapplethorpe“, sagt ein Freund des Regisseurs in die Kamera. Tatsächlich: Da werden viele Schwänze geluscht – leider ist keiner ganz steif –, da schieben sich Hände und Dildos in den Arsch, es wird geknutscht, geleckt und viel gerangelt unter den Schwulen und Lesben. Höchst appetitlich, denn alle DarstellerInnen sind recht schnuckelig.

Super 8 1/2 wäre ein exzellenter und gleichzeitig amüsanter Pornofilm geworden, hätte Underground-Regisseur Bruce LaBruce mit seinem Film nicht Kunst machen wollen. So ist der hauptsächlich in schwarz-weiß gedrehte Film eine Mischung aus Trash-Porno, versteckten Spielfilm-Zitaten und Selbstreflektion des schwulen Underground-Regisseurs und Hauptdarstellers Bruce.

Neben der schlechten Tonqualität, die das Verständnis der englischen Texte erschwert, fällt vor allem auf, daß der Film für den Inhalt schlicht zu lang geraten ist, statt 100 Minuten hätten glatt 50 gereicht.

Bruce selbst steht stets im Mittelpunkt. Satellitengleich kreisen um ihn, den ehemaligen Pornodarsteller, die Themen Sex und Film-Geschichte. Auch in Super 8 1/2, nach No Skin Off My Ass sein zweiter Film, wird ein realistischer Einblick in die schwule Szene Amerikas gewährt, die sich von der hiesigen nicht grundlegend unterscheidet. Trotzdem ist Super 8 1/2 kein Dokumentarfilm.

Vielmehr wechseln sich drei Betrachtungsebenen immer wieder ab, überlagern sich und beziehen sich aufeinander: Zum einen sieht man Bruce, faking Andy Warhol, wie er für die – fiktive – bisexuelle Dokumentarfilmerin Googie über sich als Pornostar erzählt, auf der anderen Seite wird die Anknüpfung an die scheinbar normale, die heterosexuelle Welt, durch Spielfilm-Zitate geschaffen, die folgerichtig im abgefilmten TV zu sehen sind.

Die dritte Reflektionsebene bildet gleichzeitig den Rahmen von Super 8 1/2, hier sieht man den selbstzweifelnden Bruce LaBruce, wie er als Regisseur augenrollend für die idiotische Journaille Interviews gibt oder wie er als Marc-Almond-Look-Alike durch die Straßen taumelt, so fremd und doch so schön tuntig.

Dazwischen geschnitten sind die geilsten und feinsinnigsten Szenen des Films, solche, in denen ahnungslose Schnuckis von Schwulen oder Lesben vernascht werden, oder in denen die Friday Sisters (Chris Teen und Dirty Pillows) erklären, wie sie in Porno-Filmen agieren und was sie davon halten. Dann wird der Film sehenswert und sexuell äußerst anregend.

Greta Eck

Alabama-Kino auf Kampnagel, ab heute, jeweils um 22.30 Uhr.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen