Kreative Buntheit

■ betr.: „Sabotage der Hauptstadt“ (Parlamentarischer Geschäftsfüh rer der CDU will mit Bürgerinitia tive „nofitti“ gegen „Verslumung“ Berlins zu Felde ziehen), taz vom 25.5.94

Da will wieder einmal einer mit Gewalt verhindern, was er nicht ertragen kann. Das hat, wie alle Kriege, noch nie geklappt, aber mancher kapiert's eben nie. Die BVG ist schon mit schlechtem Beispiel vorangegangen und kriminalisiert die Sprayer lieber, als daß sie ihre sterilen Züge mit kreativer Buntheit aufwerten läßt (und muß dauernd die Fahrpreise erhöhen, um die rituellen Zugwaschungen zu finanzieren – wovon man sich nur durch Schwarzfahren distanzieren kann).

Wir hatten ja schon einmal einen Zwickelpräsidenten, der die Moral der Berliner Bevölkerung durch Zwickel in Badehosen heben wollte; nun will ein Saubermann anderen Kalibers die notorisch kaputte Welt an den Symptomen heilemachen. Solche Scharmützel lenken immer von den wirklichen Mißständen ab: eher dürften Industrie und Wirtschaft Nahrung, Atemluft und Wasser vergiften, als daß ein farbig Ornament eine weiße Weste (äh: Wand) ziere! Da muß dann die ganze Strenge des Gesetzes her.

Ich schlage vor: Hand abhacken! Am besten die linke, damit die Kerle noch arbeiten können. Obwohl – man könnte dann ja Umschulungskurse auf links verordnen, das schafft Arbeitsplätze... und was dergleichen Unfug mehr ist. Sigrid Wiegand,

Berlin-Friedenau