Abstruse Vorgaben

■ Öffentlicher Hochbau: Junge Büros sollen gefördert werden

Bei großen Bauwettbewerben der öffentlichen Hand muß der Auslober klare politische Positionen beziehen. Abstruse Vorgaben in den Ausschreibungsunterlagen führten zu Verunsicherungen der Architekten. „Stadtplaner können den Mangel politischer Entscheidungen nicht ersetzen“, sagte gestern Bausenator Wolfgang Nagel in seiner Bilanz über die Hochbauwettbewerbe der Bauverwaltung. Der Wettbewerb Potsdamer Platz beispielsweise sei gut vorbereitet, „bis ins Parlament hineingetragen“ und offen debattiert worden“. Beim Wettbewerb Spreeinsel dagegen habe die Unentschiedenheit über die Zukunft der Berliner Mitte weder zu einem klaren Verfahren noch zu einem befriedigenden Ergebnis geführt, kritisierte Nagel. Der Bausenator wandte sich gegen den Abriß der „baulichen Zeugnisse der DDR“.

Nagel wertete die Durchführung von Bauwettbewerben als „wichtigsten Beitrag, um die Bedeutung des Bauens als Teil der Kultur und Geschichte zu unterstreichen“. Die Verfahren unter der Regie „fachkundiger“ Juroren böten zugleich die Chance, der Öffentlichkeit die Baumaßnahmen in der Stadt transparent und nachvollziehbar zu machen. Nagel sprach sich erneut für die „Kritische Rekonstruktion“ aus, wobei „bauliche Vielfalt, aber keine Beliebigkeit“ gefragt sei. Senatsbaudirektor Hans Stimmann wandte sich in diesem Zusammenhang gegen den Vorwurf, die Senatsbauverwaltung suche sich immer die gleichen Preisrichter und Architekten aus, um ihre baulichen Vorstellungen durchzusetzen. Beim öffentlichen Hochbau würden „exemplarisch junge Büros gefördert“, suchte der Baudirektor die Rüffel zu entkräften.

Die Senatsbauverwaltung hat seit 1990 insgesamt 77 Wettbewerbsverfahren für öffentliche Hochbauten mit einem Gesamtbauvolumen von 4 Milliarden Mark duchgeführt. Davon entfielen 40 Projekte auf Schulbauten, 5 Planungen auf Kitas, 2 auf Krankenhäuser und 2 Projekte auf Hochschuleinrichtungen. Wurden 1990 noch 10 Verfahren abgeschlossen, so waren es in diesem Jahr schon 17. Allein seit März 1994 wurden 11 Bauwettbewerbe entschieden, wobei 8 Projekte im Ostteil der Stadt angesiedelt sind. Bei den Vorhaben, so Stimmann, handle es sich um die Neuplanung des Deutschen Bibliothekinstituts Ecke Charlotten-/Clara-Zetkin- Straße, um Schul- und Sportbauten in Prenzlauer Berg sowie um Justiz- und Polizeigebäude in Spandau, Marzahn und Lichtenberg. Es gebe bei den Bauwettbewerben zwar keinen „Ostbonus“, sagte Stimmann, dennoch ziele die Einladungspraxis darauf, „Ostberliner Büros eine Chance zu geben“. Die Hochbauwettbewerbe sind bis zum 25. Juni in der Köpenicker Straße in Kreuzberg ausgestellt. Rolf Lautenschläger