Eine „zahnlose Behörde“ feiert

■ Seit 20 Jahren besteht das Umweltbundesamt / Umweltaktivisten loben Arbeit / Verlegung nach Dessau?

Eigentlich ist das Umweltbundesamt (UBA), so sein Präsident Heinrich von Lersner, „eine zahnlose Behörde“. Das Amt in Berlin, das am heutigen Freitag in Anwesenheit von Bundesumweltminister Klaus Töpfer (CDU) sein 20jähriges Bestehen feiert, hat keine Weisungs- und Kontrollbefugnis. Es berät als Fachbehörde die Bundesregierung in allen Umweltfragen, hat sich aber darüber hinaus als eine Art Dolmetscher zwischen Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Öffentlichkeit einen guten Namen gemacht.

„Wir halten viel von der Arbeit der Kollegen“, sagt Greenpeace- Sprecher Rüdiger Rosenthal. Die Statistiken und Forschungsergebnisse des UBA seien für die Umweltaktivisten gut zu gebrauchen, zumal die Behörde in ihren umweltpolitischen Forderungen oft weiter gehe als die Politiker in Bonn. „Reibungspunkte zwischen Amt und Ministerium sind Tempolimit, Mineralölsteuer und Stickstoffdünger in der Landwirtschaft“, so UBA-Sprecher Holger Brackemann.

Lag der Schwerpunkt der UBA- Arbeit bis Mitte der achtziger Jahre im Bereich der Luftreinhaltung, so stehen heute die Bereiche Wasser, Abfall, Bodenverunreinigung und Lärm im Vordergrund. Mit der Entschwefelung von Großfeuerungsanlagen und der Einführung der Kfz-Katalysatoren konnten in den achtziger Jahren wichtige Schritte zur Luftverbesserung gemacht werden.

„Die deutsche Wiedervereinigung hat auch die Arbeit des UBA stärker verändert als je ein Ereignis zuvor seit der Gründung des Amtes“, heißt es im Jahresbericht 1990. Das Amt erhielt 197 zusätzliche Stellen zugewiesen, die fast alle mit Wissenschaftlern aus der DDR besetzt wurden. Heute beschäftigt die Behörde mit einem Etat von 91 Millionen Mark 950 Experten.

UBA-Präsident Lersner hat sein 20jähriges Jubiläum schon hinter sich, da er bereits 1973 die Leitung einer 32köpfigen Vorläuferorganisation des UBA in Berlin übernahm. Sowjetische und DDR- Proteste gegen die Bundeseinrichtung in der geteilten Stadt verzögerten den offiziellen Arbeitsbeginn auf den 22. Juli 1974. 1986 wurde der Umweltbereich aus dem Bundesinnenministerium ausgegliedert und mit einem eigenen Ministerium aufgewertet, dem seit 1987 Töpfer vorsteht. Der erste und bisher einzige UBA-Präsident hat seine Unabhängigkeit nach allen Seiten erfolgreich verteidigt. Schon Verkehrsminister Friedrich Zimmermann (CSU) ärgerte Lersner mit der Forderung nach einem Tempolimit auf Autobahnen. Von der CDU wurde er kürzlich gescholten, weil er für eine Anhebung der Benzinpreise eintritt. Von der SPD wurde sein Vorschlag einer Autobahngebühr kritisiert.

Kurz vor dem Jubiläum gibt es in der Behörde auch Unruhe. Am 5. Juni soll eine Zweigstelle in Dessau eröffnet werden, und die Mitarbeiter befürchten, daß damit die endgültige Verlegung eingeleitet wird. Die Eröffnung einer UBA- Zweigstelle in Dessau sei eine „handstreichartige Aktion“, mit der der Minister vollendete Tatsachen schaffen wolle, erklärte der Personalrat der Behörde. Deshalb habe der Personalrat Klage beim Berliner Verwaltungsgericht eingereicht. dpa/AFP