„Chefsache“ ruht in Unfrieden

■ Streichung der Filmfonds-Mittel: Filmszene schlägt Alarm

„Es wird zwangsläufig zu Abwanderung kommen“, blickte der Spielfilm-Produzent Jürgen Haase gestern in die Zukunft. Die Mittel des Filmfonds will Wirtschaftssenator Rittershaus von jährlich 7,4 Millionen auf insgesamt 4,8 Millionen Mark für 1994/95 kürzen (taz berichtete). Wegen fehlenden Interesses der Politik werden nun, laut Haase, viele Produzenten im audiovisuellen Bereich Tochterfirmen in Bundesländern gründen, die in die Zukunftsbranche investieren: „Werden die Töchter größer, sind wir weg“.

Produzenten und Regisseure riefen bei ihrer Pressekonferenz die katastrophalen Folgen der Streichung der wirtschaftlichen Filmförderung ins Bewußtsein. War es der Kulturbehörde in der prekären Haushaltslage noch gelungen, die kulturelle Förderung (Filmbüro) 1994 um „nur“ 1,3 Millionen zu kürzen, streicht Rittershaus dem Filmfonds faktisch 10 Millionen, da das Geld „weg“ sei. Noch Ende März 1994 hatten Produzentenverband, Filmbüro und Filmfonds mit Bürgermeister Voscherau, mit Kultursenatorin Weiss und „Mediensenator“ Mirow über neue Filmförderkonzepte gesprochen, seitdem ruht die „Chefsache“ Medienpolitik in Frieden. Nach dem Senatorenwechsel im Herbst 1993 fühlt sich offenbar in der Wirtschaftsbehörde niemand für den audiovisuellen Bereich verantwortlich, folglich war der Filmfonds ohne Vorwarnung ins offene Haushaltsloch gelaufen. TV-Produzent Jürgen Kriwitz: „Wir sind nicht zufällig in Hamburg, sondern weil sich in zehn Jahren neben Manpower und technischem Knowhow ein Humus aus Lust und Geist entwickelt hat.“ Auch als Gegner von Förderungen sehe er aber, daß es im Standort-Wettbewerb heute gar nicht ohne gehe. Die gesamte europäische Filmwirtschaft werde „subventioniert“ - selbst Knüller wie Stonk können ihre Kosten nur zum Teil an der Kinokasse einspielen. jkn