Polizei: „Dienst gefährdet“

■ Deputation lehnt Sparvorschläge für das Innenressort ab und fordert Sicherheits-Diskussion / CDU: „Bankrotterklärung des Ressorts“

„Diese Horrorliste ist eine Bankrotterklärung des Innenressorts“. Ralf Borttscheller, innenpolitischer Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion, meint die Giftliste des Ressorts für Inneres in der Sparrunde für 1995. Wenn die geforderte Einsparung von knapp 7 Millionen Mark, wie vom Senat vorgeschlagen, tatsächlich durchkäme, so bricht demnach quasi die innere Sicherheit des Landes Bremen zusammen – „Aufgrund der Einsparung in dieser Größenordnung ist eine Aufrechterhaltung des Dienstbetriebes nicht möglich“, heißt es da mehrfach für einzelne Abteilungen. Geldmangel bei Wartungs- und Instandsetzungsarbeiten an Fahrzeugen der Feuerwehr, der Polizei und der Wasserschutzpolizei müßten zu Stillegungen führen, Blutuntersuchungen bei Verdacht auf Trunkenheit am Steuer seien nicht mehr durchführbar. Ganz praktisch dagegen die ,drohende' Konsequenz, daß „bei einem reduzierten Anschlag (...) auf rechtlich mögliche Abschiebungen verzichtet werden“ müßte.

Diese Giftliste, wie in bremischen Sparrunden mittlerweile üblich als „worst-case“-Inszenario formuliert, veranlaßte am Donnerstag nun die Deputation für Inneres, die vom Senat angepeilten Finanz-eckwerte für 1995 abzulehnen und als Hausaufgabe zur Überarbeitung wieder an den Senat zurückzugeben – einstimmig, mit den Stimmen von Ampel und CDU.

„Das Gewicht der Inneren Sicherheit ist in Bremen nicht zureichend politisch verankert“, so Deputationsmitglied Axel Adamietz von der FDP, „wir können die 7 Millionen Mark nicht erbringen und haben uns darauf geeinigt, daß wir eine politische Debatte über die Eckwerte wollen.“ Entweder die Beiräte bekommen Geld, oder es werden Schutzwesten für die Polizei gekauft – „ich lasse mir von keinen Eckwerten solche 'Alternativen' aufdrücken“, so Adamietz. Eine Notiz des Innensenators van Nispen läßt dagegen die CDU auf die Barrikaden gehen – „die Eckwerte für 1995 für das Innenressort sind nicht zu halten, eine Nachbesserung muß erfolgen“. Dazu Borttscheller: „Wer soll denn solche Finanzvorgaben noch ernstnehmen – und das kann ja auch nur heißen, einen Wechsel zu unterschreiben, von dem man weiß, daß er nicht gedeckt ist. Das ist bis auf die Knochen unseriös.“

Dreh- und Angelpunkt der Diskussion ist die Polizei. Und auch Polizeipräsident Rolf Lüken bedient sich mittlerweile des Instrumentes der Giftliste: In einem Brief an den Innensenator beschrieb er die Auswirkungen der Sparrunde auf die Polizei – keinerlei Investitionen mehr, um Deckungslöcher zu füllen, die hinlänglich diskutierte Reduzierung der Kilometerleistung der Einsatzfahrzeuge um 30 Prozent, Verzicht auf Reparaturen bei hohem Schaden, Verzicht auf Körperschutzausstattungen, keine kugelsicheren Schutzwesten für die Reviere, kein Einsatz von Kaufgeld in der Drogenkriminalitätsbekämpfung, Reduzierung der Schießausbildung etc.. Lüken wies den Innensenator auf „die eintretenden Sicherheitsdefizite – nicht zuletzt auch für die eingesetzten Mitarbeiter“ hin. Und auch der Personalrat der Polizei nennt die Sparvorschläge „unverantwortlich“.

Die Polizei von jeder polizeifremden Tätigkeit zu befreien und zum Beispiel Aufgaben wie die Verkehrsüberwachung, Zwangsabmeldungen von Fahrzeugen, für die die Haftpflichversicherung nicht bezahlt ist, oder die Kontrolle von Fahrtenbüchern von Lkw-FahrerInnen an das Stadtamt zu übertragen, diesen Vorschlag machte gestern der CDU-Abgeordnete Ralf Borttscheller. „Müssen Polizeibeamte täglich stundenlang Verkehrsunfälle ohne Personenschaden aufnehmen?“

Das Stadtamt könne derlei Aufgaben kostengünstiger erledigen – dort arbeiten Angestellte anstelle von Beamten. Stattdessen sollten die Beamten lieber „raus auf die Straße“. Die Verschmelzung der jeweils eigenständigen Werkstätten für Fahrzeuge, Waffen und Geräte, Computer und Telefonanlagen von Bereitschaftspolizei, Schutzpolizei, Feuerwehr und Wasserschutzpolizei könne „Unsummen sparen“.

Die Schmerzgrenze der Kürzungen liege jedoch da, wo gesetzliche Notwendigkeiten bestünden – „wenn es kein Personal, und das wird immer weniger, und keine Einsatzfahrzeuge mehr gibt“, so Borttscheller. skai