Keine Überwachung unter dieser Nummer

Bedenken von Datenschützern obsiegen über den Wunsch der Telekom nach Registrierung von Telefongesprächen / Angebotspläne der Post empfindlich gestört  ■ Aus Bremen Dirk Asendorpf

Die Telekom gerät immer stärker unter den Druck des Datenschutzes. Nachdem das Bundesverfassungsgericht im März 1992 bereits allgemein das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Telefon-NutzerInnen höher bewertet hatte als das Interesse der Telekom an der vollen Nutzung ihrer technischen Möglichkeiten, zeichnete sich gestern vor dem Bremer Oberverwaltungsgericht auch im Konkreten ein Erfolg des Datenschutzes über die Datenflut ab.

Das Gericht folgte im wesentlichen den Argumenten einer Bremer Anwaltskanzlei, die gegen die umfassende Registrierung aller Telefonverbindungen im neuen digitalen ISDN-Netz geklagt hatte. Die Anwälte hatten bereits Anfang 1991 Klage dagegen erhoben, daß die Telefonnummer ihrer Kanzlei auf der detaillierten Telefonrechnung von AnruferInnen mit ISDN-Anschluß ausgewiesen wird. Damit werde das Interesse ihrer Mandanten an der Geheimhaltung des Anwaltskontaktes verletzt. Das Bremer Verwaltungsgericht hatte kurz vor dem Grundsatzurteil des Verfassungsgerichts die Klage in erster Instanz abgewiesen. Dabei war sie vor allem dem Argument der Telekom gefolgt, die umfassende Datenspeicherung sei aus technischen Gründen unbedingt erforderlich.

Das sah das Bremer Oberverwaltungsgericht gestern allerdings ganz anders. Nachdem die Richter ausführlich einen Telekom-Ingenieur befragt hatten, waren sie zu der Überzeugung gekommen, daß eine Speicherung der vollständigen Daten eines Telefongesprächs keineswegs technisch notwendig sei. Tatsächlich ersetzt die Telekom auf ihren detaillierten Rechnungen inzwischen nämlich selbst die jeweils letzten drei Ziffern der angerufenen Telefonnummer durch ein X. Dies tut sie allerdings nur deshalb, weil die vom Gesetzgeber geforderte Ausnahme für die Telefonseelsorge und andere anerkannte Beratungsstellen von der Nummernnennung technisch noch nicht möglich ist.

Eigentlich möchte die Telekom möglichst bald zur Auflistung der vollen Nummern in den Gebührenrechnungen zurückkehren. Denn nur auf dieser Grundlage lassen sich längst geplante Spezialtarife im ISDN-Netz einführen. So möchte die Telekom Großkunden beispielsweise einen „Familiy-and- Friends“-Tarif einräumen, der beim Anruf bestimmter, vorher festgelegter Nummern niedrigere Gebühren berechnet als beim Normalkunden. Noch wichtiger würde die vollständige Datenerfassung für die Telekom bei Visionen wie zum Beispiel dem elektronischen Videoladen: Dabei könnten per ISDN-Anschluß Videos direkt in das heimische Abspielgerät geladen werden. Der „Kaufpreis“ würde später mit der Telefonrechnung erhoben. Doch ohne volle Nennung der angewählten Nummer des eletronischen „Ladens“ wäre dies wohl kaum möglich. Das Bremer Oberverwaltungsgericht ließ gestern allerdings deutlich erkennen, daß es von solcher Zukunftsmusik wenig hält. Der Vorsitzende Richter Pottschmidt: „Wir neigen sehr dazu, die Dinge so eng zu sehen wie das Bundesverfassungsgericht.“ Das Urteil ergeht schriftlich.