■ Stadtmitte
: Fünf Säulen ohne Fundament

Gestritten wurde über die in der letzten Woche vorgestellte Strukturveränderung der Polizei seit langem, herausgekommen ist wenig. Mit Schere, Leim und mehreren Kannen Kaffee hat man das bisherige Organisationsschema der Polizei zerschnippelt und neu zusammengeklebt. Mit solchen „Strukturreformen“ haben die Berliner Sicherheitsbehörden Erfahrung. Letztmalig war das Verfahren 1990/91 erfolgreich angewendet worden, als mittels Personalabzug in den Bereichen Staatsschutz und Wirtschaftskriminalität die „Zentrale Ermittlungsstelle für die Bekämpfung der Regierungs- und Vereinigungskriminalität“, kurz ZERV, geschaffen worden war.

Bei der neuerlichen Änderung wurde der uniformierte Zweig der ehemaligen „Landespolizeidirektion“ nun in „Landesschutzpolizeiamt“ umgetauft. Die einstige „Direktion Verbrechensbekämpfung“ wurde zum „Landeskriminalamt“ und bezieht den Neubau gegenüber dem Polizeipräsidium. Die bisherige „Hauptabteilung Zentrale Dienste“ bekam die Bezeichnung „Landes- Polizeiverwaltungsamt“ – ohne den Ausbildungsbereich. Dieser wurde als „Landespolizeischule“ selbst zur „Säule“; ZERV blieb ZERV.

Nun sind Strukturveränderungen stets von heftigem politischen Gerangel hinter den Kulissen begleitet, wenn nicht gar ausgelöst. So ist die Einrichtung von ZERV letztlich nur darauf zurückzuführen, das eine neue Aufgabe für den damaligen Landespolizeidirektor Manfred Kittlaus gefunden werden mußte. Kittlaus, auf seinem Posten zunehmend überfordert und immer unzumutbarer für die Stadt, war nur auf einen gleichwertigen Posten zu versetzen. Da es einen solchen nicht gab, schuf man ihn mittels einer Organisationsrochade: Einrichtung von ZERV bei gleichzeitigem Wegfall der Funktion des Landespolizeidirektors. Bezeichnenderweise ging man damals davon aus, den neuen Strang rund zehn Jahre zu benötigen. Just die Dauer, die Kittlaus noch abzuleisten hat, bevor er das Pensionsalter erreicht. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Für die Verfolgung der Wirtschaftskriminalität allerdings hatte die „Reform“ schwere Folgen; durch die Abordnung qualifizierter Ermittler zu ZERV lag die Bekämpfung sonstiger Wirtschaftsdelikte zeitweise nahezu brach. Erholt hat sie sich bis heute nicht (da lacht der Baulöwe).

Auch der jetzigen Neustrukturierung liegt wieder ein handfestes politisches Interesse zugrunde. Ein Landeskriminalamt – seit weit über einem Jahrzehnt in Planung und Bau – galt stets als Wunschposten von Polizei-Vize Dieter Schenk. Er seinerseits ist spätestens seit dem Antes-Skandal 1985 der CDU ein Dorn im Auge. Nachdem man ihn bereits 1987 bei der Ernennung des Landeskriminaldirektors übergangen und ein Jahr später zum Vizepräsidenten des Verfassungsschutzes aus der Polizei heraus„befördert“ hatte, sah man hier eine erneute Chance, den für die Christdemokraten Unbequemen endlich loszuwerden. Indem er seinen „Traumjob“ bekam, sollte er zugleich seine Stellung als stellvertretender Polizeichef verlieren. Damit wäre der letzte SPD-Mann in der Polizei-Führungsetage von wichtigen Informationskanälen abgeschnitten worden.

Anders als zuvor, wo sich die SPD mit Eintritt in die Große Koalition dem schwarzen Rollback in Polizei und Innenverwaltung kaum widersetzt hatte, kämpfte sie für ihren Mann. Schenk blieb damit das Schicksal anderer SPD- Genossen, die sich unter Rot- Grün exponiert hatten, erspart: Weder mußte er „über die Klinge springen“, wie etwa der Leitende Senatsrat in der Polizeiabteilung des Innensenats, Harald Bode, der – entmachtet und ständig schikaniert – zuletzt vorzeitig in den Ruhestand ging; noch kam er „auf die Galeere“, wie der Leiter der Personalverwaltung, Alfred Fenske, der zum Landesrechnungshof abgeschoben wurde.

Otto Diederichs ist Redakteur des Informationsdienstes „Bürgerrechte & Polizei/CILIP“