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■ Cambridgeshire: Europa-Wahlfest im KriegsmuseumMimen spielen „Real-Life Veterans“

Berlin (taz) – Der Landstrich um das englische Cambridge hatte schon immer etwas Besonderes. Während anderswo die 68er-Revolten tobten, saßen dagegen an der hiesigen Universität viele der heutigen Führer der regierenden Konservativen Partei, die sogenannte Cambridge-Mafia. Außerdem gibt es hier eine der größten Konzentrationen von Luftwaffenstützpunkten in Europa, speziell US-amerikanischer. Und wo mit dem 6. Juni der 50. Jahrestag einer der letzten erfolgreichen britischen Militäraktionen der Geschichte naht, ist natürlich etwas Besonderes gefragt.

Die am 12. Juni stattfindende Stimmauszählung der Europawahlen im Wahlkreis Cambridgeshire mit anschließender Fete soll daher nicht, wie sonst bei Wahlen üblich, im Rathaus stattfinden, sondern in einer historiegerecht hergerichteten Kampfflugzeughalle in einer Außenstelle des nationalen Kriegsmuseums. Diese befindet sich draußen auf dem flachen Land in einem winzigen Dorf namens Duxford, das den örtlichen Autobahnfahrern nur durch die Wegweiser zum Imperial War Museum ein Begriff ist und jetzt seine Chance zu ungeahnter Größe wahrnehmen will. Seit einer Woche sind dort nicht nur eingestaubte Spitfire-Flugzeuge und ähnliches zu besichtigen, sondern Armeemusikanten, Luftwaffengeschwader und jede Menge Firlefanz, bis hin zu Schauspielern, die sich nach „monatelanger Recherche“, wie das Lokalblatt schreibt, in Real-Life Veterans verwandelt haben und vor Besuchern gegen 30 Mark Eintritt so tun, als sei der Krieg immer noch nicht vorbei. „Genießen Sie die Atmosphäre in einem authentischen Kriegs-Hangar mit kabarettartiger Bestuhlung!“, preist die Museumsleitung ihre für eine Woche angesetzten Festivitäten an: „Kleidung im 40er- Jahre-Stil willkommen“.

Nun hatte ja bekanntlich die Landung in der Normandie am 6.Juni 1944 auch etwas mit dem Kampf für Demokratie in Europa zu tun, aber daß deshalb nun gleich die örtliche Wahlfete inmitten eines militaristischen Nostalgieparks stattfinden soll, geht manchen doch zu weit. Margaret Wright, Kandidatin der Grünen, die beim letzten Mal vor fünf Jahren satte 16 Prozent der Stimmen einfuhr, will die Auszählung boykottieren. „Großbritannien hat den Hang, Kriegsnostalgie zu kultivieren und den Krieg zu romantisieren“, ärgert sich Wright und verweist auf Unterstützung der grünen ostdeutschen Bundestagsabgeordneten Vera Wollenberger. „Der Militarismus ist so tief in die britische Identität eingegraben, daß nur wenige begreifen, wie unpassend dieser Ort ist.“ D.J.

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