„Jetzt muß etwas Erotik ins Spiel“ kommen“

■ Schräge HörerInnenideen, versierte SprecherInnen, laufstarke Regie, zwei Stunden Produktionszeit: Radio Bremen hat ein neues „Instant-Hörspiel“/ Immer dienstags

Was ist das? Die Regisseure Christiane Ohaus, Hans-Helge Ott, die Schauspielerin Gabriele Blum, der Schauspieler Harald Holgardt, eine Regieassistentin, eine Technikcrew klüngeln dienstags, 14.15 Uhr, im Produktionsstudio, nehmen Anrufe von HörerInnen entgegen und auf Band auf, die Regieassistentin rennt los und besorgt Geräusche, die anderen entwerfen aus den Anrufen ein szenisches Gerippe, dann wird produziert und um 16.30 Uhr gesendet. Das ist das neue Radio-Bremen-Zwei-Instant-Hörspiel „Abgrund der Leidenschaft“. Die taz im Gespräch mit RB-Redakteur Wolfgang Hartlieb, der neben Peter Dahl für die neue Idee verantwortlich zeichnet.

Das Instanthörspiel ist ein Hörspiel zum Selbstanrühren für HörerInnen. Sind denn den RedakteurInnen und HörspielautorInnen die Ideen ausgegangen?

Wolfgang Hartlieb: Das bestimmt nicht. Es ist der Versuch, der seit Jahren immer wieder gemacht wird, die Hörer mit ihren Fantasien, mit ihrer Kreativität miteinzubeziehen. Und sie nicht nur als Tanzbären an der Nase zu führen, sondern sie tatsächlich aktiv werden zu lassen. Das Neue an diesem Versuch ist, daß noch innerhalb der gleichen Sendung das Produkt zu hören ist. Da entsteht ja auch 'ne enorme Spannung.

Spannung für die AnruferInnen?

Die wollen ja wissen, was passiert mit meinen Ideen? Wie bringen die das fertig, das umzusetzen? Wenn einer vorschlägt, da ist 'ne Treppe voll mit Pilzen. Und dann die Frage des Moderators: Da muß es doch auch Geräusche geben, wie sind die? Ja dumpf.

Das hört sich so an, als wollten Sie das Hörspiel aus seiner Bleiernheit herausholen.

Wir haben ja nicht den Ehrgeiz, mit Hörern ein Hörspiel zu machen, das mit denen konkurrieren kann, die normalerweise ausgestrahlt werden. Es ist ein spielerischer Umgang, was so ernst dann auch nicht genommen werden darf. In der Hauptsache ist es der Versuch, wegzukommen von diesem normalen Nur-anrufen und Seinen-Namen-Sagen und zu verkünden: ich wünsche dem das und das, oder: die Lösung ist dies oder jenes.

Wie haben Sie denn für die erste Folge geworben?

Wir haben einen Trailer produziert und so 'ne Vorankündigung eine ganze Reihe von Tagen laufen lassen.

Nur bei Radio Bremen zwei?

Nur bei Radio Bremen zwei.

Interessiert Sie denn auch, wer sich da meldet?

Im Moment waren wir ganz froh, daß sich überhaupt jemand meldete. Man muß ja ein bißchen von sich selbst auch preisgeben, wenn man da Vorschläge macht. Und der Titel „Abgrund der Leidenschaft“ ist ja bewußt gewählt. Es soll ja schon etwas passieren. Da ist natürlich die Scheu etwas größer.

Sollte es einmal so weit kommen, daß Sie die Anrufe sieben müssen, haben Sie da irgendwelche Kriterien parat?

Nein. Wir lassen uns einfach überraschen. Das liegt dann wohl am Moderator. Vielleicht entsteht ja auch so etwas wie ein Wettkampf; daß Leute versuchen, ihren Plot durchzudrücken. Es laufen ja jetzt schon zwei Handlungen parallel und wir sind gespannt, ob sich Marvin und das Huhn oder der Taxichauffeur und die erotische Stimme durchsetzen werden.

Es gibt auch bereits einen klemmenden Reißverschluß und einen sächselnden Außerirdischen in der Sendung. Werden Sie alles mitmachen?

Ich kann mir nicht vorstellen, daß wir da Probleme kriegen werden. Die Erfahrungen, die wir bis jetzt mit offenen Kanälen gemacht haben, die haben eigentlich gezeigt, daß da Befürchtungen nicht angebracht sind.

Die erste Folge von „Abgrund der Leidenschaft“ erinnert mich ziemlich an den „Frauenarzt von Bischofsbrück“.

Es ist von der Machart her sicherlich ähnlich. Es wird nie versucht, große Kunst zu machen, sondern es kann ruhig schrill und schräg sein. Das wird sicher kein Schicksalsdrama werden.

Also eher platte Unterhaltung.

Platt würd ich nicht sagen. Es ist Unterhaltung. Was da so an Fantasien jetzt schon entwickelt wurde ... Was noch kommt, müssen wir abwarten. Denn wir können's ja nicht steuern.

Das gefällt Ihnen anscheinend am besten daran.

Natürlich.

Wieviele Folgen sind geplant?

Wir wollen das als eine Art Probe bis zu den Sommerferien laufen lassen, dann werden wir weiterüberlegen. Fragen: Silvia Plahl