In Karow-Nord rollen die ersten Bagger

■ Bausenator Nagel treibt Bauprojekt voran / 5.500 Wohnungen bis '97 geplant

Kaum zwei Jahre nach der Wettbewerbsentscheidung rollen in Karow-Nord die ersten Bagger für das größte Wohnungsbauprojekt im Ostteil der Stadt. Der rekordverdächtigen Planungszeit für rund 5.500 Wohnungen, 17 Kitas, Schulen, Sportanlagen und eine Bibliothek werde die schnelle Realisierung folgen, sagte gestern Bausenator Wolfgang Nagel. Innerhalb „kürzester Zeit und in angemessener Qualität“ soll die „grüne Vorstadt Karow“ bis 1997 aus dem Boden gestampft werden.

Auf den 100 Hektar großen Arealen beiderseits der Bucher Chaussee im Bezirk Weißensee ist geplant, zwei- bis viergeschossige Zeilen und Einzelhäuser im klassischen sozialen Wohnungsbau (2.200 Wohnungen) und im geförderten Wohungsbau (2.200) zu errichten. Etwa 1.000 Wohnungen sollen frei finanziert werden. Ein Grund für das in Windeseile vom Senat und Bezirk, von den beteiligten Unternehmen und Banken (Commerz- und Berliner Landesbank) vorangetriebene Bauvorhaben liege in seiner „Pilotfunktion“ für das ambitionierte Wohnungsbauprogramm des Senats, sagte Nagel. Außerdem treibe die „Zinsuhr“ das Projekt täglich voran, so der Bauträger Klaus Groth. „Da werden Entscheidungen schon mal beschleunigt.“

Der gestern abgegebene „Startschuß“ des 2,5 Milliarden Mark teuren Bauvorhabens dient den Erschließungsmaßnahmen. Im Hochleistungstempo werden zusätzlich 3.000 Bäume gepflanzt und eine 3,2 Kilometer lange Baustraße geteert. Im August und September sollen die Grundsteinlegungen für die erste Schule sowie für 1.136 Wohnungen sein.

Die „Gleichzeitigkeit der Arbeitsprozesse“, sagte Nagel, sei der neuen Verfahrensweise bei der Entwicklung des Projekts zu danken. Dazu wurde zwischen dem Land Berlin und der Arbeitsgemeinschaft Karow (Arge Karow) – dazu zählen der Bauträger Groth und Graalfs GmbH, die landeseigene Gehag und bezirkliche Baugenossenschaft – ein städtebaulicher Vertrag abgeschlossen. Durch ihn konnten Arbeitsprozesse und die Finanzierung beschleunigt werden: Die Arge übernimmt etwa mit 130 Millionen Mark die Kosten für Erschließungsmaßnahmen und soziale Infrastruktureinrichtungen. Im Gegenzug verzichtet das Land Berlin auf die Erhebung von Erschließungsbeiträgen.

Im Baurausch hat der Bausenator wichtige Details übersehen. Daran erinnerte Gert Schilling, Bürgermeister von Weißensee. Der Standort sei äußerst „problematisch“, sagte Schilling. Die geplante Vorstadt würde nicht genügend in den Ortskern des Bezirks integriert, liege viel zu weit von der Berliner Innenstadt entfernt und sei verkehrstechnisch bis dato schlecht erschlossen. [Müssen halt alle Auto fahren, d.S.] Schilling wandte sich gegen die schnelle Bebauung freier Ackerflächen und sprach sich für eine Verdichtung der vorhandenen Stadt- und Ortsteile aus. Rolf Lautenschläger