„Das ist Bürgerverarschung!“

■ Uni-Ost: Nur wenige EinwenderInnen auf Erörterungstermin Uni-Ost

Erörterungstermin – Anhörung der EinwenderInnen. Wer denkt da nicht an Wackersdorf, tausende von ProtestlerInnen, Verfahrenstricks, einen Schweinevorsitzenden und emotionsgeladene Wortwechsel? Gestern mittag, 14 Uhr: Erörterungstermin Uni-Ost – Anhörung der EinwenderInnen. Rund 1.200 haben schriftlich ihre Bedenken gegen eine Bebauung des Gebietes Uni-Ost für Siemens im Technologiepark eingereicht – im Kongreßzentrum verlieren sich drei Dutzend Leute. Wie so oft auf Bremens Politereignissen: Man kennt sich und die Argumente der Gegenseite. Lustlos beginnt das Schauspiel.

„Ich erwarte überhaupt gar nichts von dieser Farce hier“, sagt Naturschutzkämpfer Gerold Janssen, „die Entscheidungen sind ja schon längst gefallen.“ Die Städtebaudeputation hat den Bebauungsplan bereits gebilligt, gebaut wird also; nur wie und mit welchen Ausgleichsmaßnahmen für die schwindenden Gewässer, das ist noch Gegenstand des Verfahrens. „5.000 Mark Saalmiete werden hier zum Fenster hinaus geworfen – das ist Bürgerverarschung“, wettert Janssen, der heftige Kritik am Erörterungstermin geübt hatte: Für Berufstätige sei der Termin nicht einzuhalten und finde bürgerfern von Horn-Lehe statt – ausgerechnet ins verhaßte Kongreßzentrum mußten einige NaturschützerInnen ziehen, um ihre Argumente vorzubringen.

Daß mit der Wildnis Uni-Ost ein unvergleichlicher Erholungs- und Lebensraum ersatzlos verloren ginge, die Gewässer und Feuchtgebiete mit für die Klimabildung der Stadt verantwortlich sind und eine Frischluftschneise zugebaut würde, daß die Ausgleichsmaßnahmen am Kuhgrabensee ungenügend und die Standortfrage der Umsiedelung des Siemens-Konzerns unzureichend untersucht worden sei, diese vorformulierten Einwendungen hatten immerhin 1.200 BürgerInnen unterschrieben. „Sind Sie jemals an einem Frühlingstag durch Uni-Ost gegangen und haben den Kuckuck rufen hören?“ Solchermaßen bestärkte eine Einwenderin ihre Argumente. Ein Paradies zum Anfassen für die Kinder gehe verloren, und : „Was werden die Menschen in 100 Jahren zu diesen planerischen Entscheidungen sagen?“

Moderat beschwichtigt Erörterungsleiter Hugo Wohlleben vom Wasserwirtschaftsamt, das das Anhörungsverfahren rechtlich durchzuführen hat. Doch der Punkt ist für die Anwesenden: Finger weg von Uni-Ost – dieser ehemaligen Großbaustelle vom Universitätsbau – doch darum geht es hier schon lange nicht mehr. Tapfer stehen die Vertreter der Umweltbehörde Rede und Antwort und müssen Überzeugungen vertreten, die nicht die ihren sind – „die Deputation hat beschlossen, und da kommen wir nun einfach nicht mehr vorbei.“ Für sie heißt es, das Beste daraus zu machen, also das Naturschutzgebiet Kuhgrabensee – vom Autobahnbau der A 27 übriggebliebener Baggersee – um eine „Flachwasserzone“ zu erweitern. Gelangweilt hören sich die EinwenderInnen die Ausführungen dazu an – „da darf dann wieder kein Mensch mehr rein, und auszugleichen gibt es da gar nichts, das geht einfach unwiederbringlich kaputt“, redet einer dazwischen. Stimmt, bestätigt der Vertreter des Umweltressorts, aber das Gesetz schreibt Ausgleichsflächen vor...

Sämtliche Redebeiträge werden protokolliert und in das Planfeststellungsverfahren mit einfließen; der Deputation waren die Argumente der EinwenderInnen übrigens bereits bekannt, als sie sich für eine Bebauung aussprach. skai