Kurden schließen Frieden

■ Waffenruhe im Nordirak vereinbart / Massud Barsani will UN-Protektorat

Berlin (taz) – Es bedurfte eines irakischen Generals, um die beiden Kurdenführer Massud Barsani und Dschalal Talabani zusammenzuführen. Hassan An-Naqib, exilierter irakischer Ex-Militär und Symbolfigur der irakischen Opposition, schubste die beiden Rivalen am Sonntag sanft aufeinander zu. Anstatt sich auf die Wangen zu küssen, umarmten sich beide flüchtig. Talabani, der 1991 selbst Saddam Hussein den „Bruderkuß“ verpaßt hatte, versuchte die Situation zu retten: „Unsere Verbindung ist stärker als ein Kuß.“ Während sich die Szene in einem Hotel in der kurdischen „Hauptstadt“ Arbil abspielte, wachten draußen Mitglieder der gesamtirakischen Oppositionsgruppe „Irakischer Nationalkongreß“ darüber, daß rivalisierende Kurden nicht aufeinander schossen.

Die Umarmung sollte den militärisch ausgetragenen Konflikt zwischen Barsanis „Demokratischer Partei Kurdistans“ (KDP) und Talabanis „Patriotischer Union Kurdistans“ (PUK) beilegen. Die Kämpfe hatten am 1.Mai in der an der iranischen Grenze gelegenen Region Pischder begonnen. KDPler waren mit Bulldozern in ein Dorf eingedrungen, in dem sie nach ihrer Darstellung historische Bodenrechte haben. Als Dorfbewohner sich weigerten, ihre Häuser aufzugeben, fielen Schüsse. Unter den ersten Toten war ein PUK-Funktionär. Anschließend weiteten sich die Kämpfe auf weite Teile des seit Frühjahr 1991 von Kurden kontrollierten Gebiets aus. Zwischen 400 und 600 Menschenleben haben sie bisher gefordert. Seit Wochen verläuft durch Irakisch-Kurdistan de facto eine Demarkationslinie zwischen von PUK und KDP kontrolliertem Territorium. In das Geschehen griffen auch iranische „Revolutionswächter“ ein. Ende Mai besetzten Iraner gemeinsam mit Kämpfern der „Islamischen Bewegung Kurdistans“ die Stadt Halabdscha. Nach Darstellung der PUK kämpften dabei KDPler auf seiten der Iraner. Die KDP bestreitet das.

Ausdrücklich als „Privatmann“ forderte Barsani am Montag von der UNO, ein „Protektorat“ über Irakisch-Kurdistan zu verhängen. Bewaffnete UN-Truppen sollten Kurden vor Kurden schützen. Sein Kontrahent Talabani war erst am Freitag aus Damaskus nach Kurdistan zurückgekehrt. In Arbil vereinbarte er mit Barsani den Austausch von Gefangenen und die Entflechtung der Truppen beider Parteien. In der sensiblen Pischder-Region sollten sogenannte „Aktionsbüros“ eingerichtet werden. Sie sollen von den Parteien paritätisch besetzt werden und für die Einhaltung des Waffenstillstands sorgen. Gestern wurden aus der Region jedoch wieder Kämpfe gemeldet. taud

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