piwik no script img

Ab nach Jericho

■ Israel will palästinensische Institutionen aus Jerusalem loswerden

Tel Aviv (taz) – In einem erst jetzt veröffentlichten Schreiben hat sich Israels Außenminister Schimon Peres verpflichtet, palästinensische Institutionen und deren Tätigkeit in Ostjerusalem unangetastet zu lassen und sogar zu fördern. Peres hatte dieses Schreiben am 11. Oktober 1993 an seinen inzwischen verstorbenen norwegischen Kollegen Johan Jorgen Holst gerichtet, zur Weitergabe an PLO-Chef Jassir Arafat.

Die Existenz dieser ursprünglich geheimgehaltenen politischen Verpflichtung fand erstmalig vor einem Monat in einer Rede Arafats Erwähnung. Israel dementierte. Unter dem Druck der öffentlichen Meinung, vor allem seitens der Oppositionsparteien, fand sich Peres am Montag doch genötigt, die Verpflichtung publik zu machen. Die Opposition besteht darauf, daß die Regierung alle weiteren möglicherweise bestehenden Geheimdokumente im Zusammenhang mit den Abkommen mit der PLO bekanntgibt.

Die Regierung hat ihrerseits in den letzten zwei Wochen eine intensive Kampagne gestartet, um alle mit der Gaza-Jericho-Selbstverwaltung verbundenen Institutionen aus Ost-Jerusalem nach Jericho abzuschieben. Regierungs- und Sicherheitsorgane haben wiederholt die Schließung des „Orient House“ und anderer politischer palästinensischer Institutionen in Ost-Jerusalem verlangt, weil deren Anwesenheit den israelischen Anspruch auf permanente Einheit Großjerusalems als Hauptstadt Israels zu untergraben droht.

Am Montag fand im „Orient House“ eine von Feisal Husseini einberufene Versammlung der Vertreter aller wichtigen palästinensischen Institutionen in Ost-Jerusalem statt, um zur „intensiven israelischen Politik, noch vor Beginn der Verhandlungen über eine definitive Lösung des Jerusalem- Problems neue Tatsachen zu schaffen“, Stellung zu nehmen. Ein Jerusalem-Ausschuß unter der Führung Feisal Husseinis wurde beauftragt, eine Reaktion auf die israelische Offensive zu erarbeiten.

Einstweilen wurde am Montag in Jericho der erste palästinensische Fernsehtest unternommen. Die Palestine Broadcasting Corporation PBC bereitet gleichzeitig intensiv den Beginn der Radiosendungen aus einem Studio vor, das unter Druck der israelischen Behörden nach Jericho verlegt werden mußte. Die Studioausrüstung, die von der den Grünen nahestehenden Stiftung Buntstift und der EU-finanzierten Medmedia zur Verfügung gestellt wurde, wurde gestern endlich von den israelischen Zollbehörden freigegeben. Nach Aussage der PBC sollen sowohl Fernseh- als auch Radiosendungen im Gaza-Streifen und am Westufer während des bevorstehenden Arafat-Besuchs empfangen werden. Amos Wollin

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen