Vom Wasch- in den Videosalon

■ Die erste Staffel des alljährlichen Hobby-FilmerInnen-Treffs zeigte Schafe, Deppen und Neodadaistisches / Heute die zweite

Man möge Filme in Waschsalons drehen, predigte schon Großguru John Waters, denn dort scheint immer ausreichend Licht. Man möge vor allem Bremer Science-Fiction-Schocker in Waschsalons drehen, wissen wir seit „Dr. Seltsam", denn dort sieht es aus wie in Raumschiffen. „Dr. Seltsam" aus dem unverwüstlichen Bremer Video-Haus „Akas“ war einer der erfreulichsten Beiträge der ersten Staffel des dritten Offenen Videosalons, der am Dienstag im Schlachthof zu bestaunen war.

Eine Themenvorgabe gab es bei der neuen Ausgabe des alljährlichen Forums für Bremer HobbyfilmerInnen auch diesmal nicht. Mit der liebenswerten Sturheit vergangener Jahre wurden dort neodadaistische Köstlichkeiten („Kunst ist Werbung an und für sich“) neben gut gemeinter Betroffenheitsduselei („Bahati, 15 J.“), biblische Sagen („Der Pommes-Raffer“) neben Trauerarbeit an Tierkadavern („Wo der Hund begraben liegt“), Barbie-Puppen-Schweinereien („Fun Action Racer“) neben psychedelischen Buntbildern („9 Sekunden vorm Ertrinken“), kunststudentische Prätention („Große Rochade“) neben schierem Blödsinn („Suppe im Hirn“) gezeigt.

Obwohl einiges davon kaum mehr als das Kurzzeitgedächtnis beanspruchte, gab es manchen Höhepunkt. So zum Beispiel „Schaf links“, den dritten Teil der „Halt's Maul, Deutschland“-Reihe vom Mitveranstalter des Videosalons Christian Meyer. Eine Reflexion über Schafe, des Autors Vorstellung unserer Gesellschaft als Viertaktmotor, das Innenleben des gemeinen Dreißigjährigen.

Bewußtseinserweiternd präsentierte sich „Deppen Tango“ von Volker Busch. Wer in den letzten Jahren keine Fußballsendung gesehen hat, bekommt hier einen repräsentativen Zusammenschnitt: Wenn die Kicker nicht gerade „Ja, gut“ sagen, prosten sie sich in der Talkrunde nimmermüde zu, bis selbst die ZuschauerInnen ganz duhn sind. Schon allein wegen seiner handwerklichen Virtuosität sei „21/5 - die andere Seite“ von Alexander Wendt erwähnt. Obwohl die Story um einen Schlipsträger, der über seine Tag- und Nachtträume wahnsinnig wird, eher trivial daherkommt, sind Schnitt und Kamera in ihrer Pfiffigkeit beispielhaft.

Das dreisteste Filmchen des Abends war zweifelsohne „120 Sekunden Venus“. Zu sehen ist genau das. Für solche Scherze waren leider wenige zu begeistern, aber immerhin fiel auch der allzu MTV-gerechte Clip „Come Together“ der Band „Jamsick“ bei weiten Teilen des Publikums durch.

Heute, 21 Uhr, zur zweiten Staffel im Lagerhaus, läßt u. a. Sofie Buchwald des Königs Becken kreisen, und die Ostfriesen beweisen, daß wo Straßen, auch Straßenfilme sind. Andreas Neuenkirchen