: Unterm Strich
Folgendes: Die Kölner Installation des Bildhauers Peter Pick mit dem hartnäckigen Titel Objekte schlagen zurück – Kammerspiel für Völkerkunde ist noch für zwei Wochen zugänglich. Des weiteren wird vom Veranstalter, dem Kölner Museum für Völkerkunde, kund- und zu wissen gegeben, daß „schon wegen des ungewöhnlich positiven Echos als auch der provokanten Inszenierung von neuer Kunst mit – und jetzt aufgemerkt! – schimmelinfiszierten Afrika- Objekten in einem Museum“ dieses „wohl einmalige Unternehmen mit einer entsprechend ausgefallenen Finissage am Sonntag zum festlichen Abschluß“ gebracht werden soll. Schimmelinfisziert! Hat sich da einer gewünscht, das schimmelinfizierte Zeugs möge endlich konfisziert werden, weg damit, womöglich zurück nach Afrika? Endlich Finissage? Wir wünschen: Gute Fahrt!
Heini Holl, Berlins wichtigster und über die Maßen berühmter Gastwirt, ist tot. Er war der König der Kohlroulade.
An landesweiten Straßensperren all over Bangladesch übt sich die Polizei im Schleierlüpfen, und zwar auf der Suche nach der Schriftstellerin und Ärztin Taslima Nasrin (taz vom 7. 6.), die wirklich befürchten muß, Rushdies weibliches Pendant zu werden, nachdem sie sich in Aufsätzen und Romanen gegen fundamentalistische Restriktion der Liebe ausgesprochen hat.
Ein gewisser Herr Peter Lefcourt hat einen Roman über Lady Di geschrieben, in welchem sie jede Menge Fingernägel in eine erkleckliche Anzahl Schultern gräbt, im Tanze, versteht sich, bis dann schließlich die Protagonisten „wie Flugzeugwracks“ ineinander kollapsen. „Jede Frau, mit der ich gesprochen habe, würde sich gern so porträtiert sehen“, behauptete Lefcourt gegenüber USA Today. Nicht so Diana. Man hat ihr Ausschnitte am Telefon vorgelesen und sie findet's nicht gut, speziell das Ende nicht, in welchem sie Mann und Maus verläßt, um nach Amerika durchzubrennen mit einem Drehbuchautor namens Schecter (klingt doch auffällig nach Specter, tut es nicht?), um sich dort, hoho, bei McDonald's in Rancho Cucamonga, Kalifornien, einzukaufen.
Dem Frankfurer Filmmuseum, neben dem in London wohl das aparteste seiner Art, geht es im Rahmen der allgemeinen Etatkürzungen erheblich an den Kragen. Was einmal ein Budget von zirka 900.000
Mark war ist nun geschrumpft auf sage und schreibe 0: das Museum sei in die wirtschaftliche Freiheit entlassen, eine brillante Formulierung, und soll sich durch eigene Einnahmen tragen. Das allerdings funktioniert gar nicht so schlecht, wie man zunächst befürchtete. Heftiges Trommeln und Flügelschlagen auch in der sich solidarisch verhaltenden Presse und natürlich das nach wie vor auf Zuspruch stoßende Programm führten zu einem ungeahnten Zuschauerandrang. Läßt irgendwie hoffen.
Gegen den Kulturweltspiegel-Beitrag von Tilman Jens, in dem Marcel Reich-Ranicki, auf den man es im Moment offenbar irgendwie abgesehen hat, als polnischer Geheimagent geoutet werden sollte, ist in größerem Stil Beschwerde eingelegt worden, und zwar durch den Thomas Kemper, stellvertretendes Mitglied des Rundfunkrats. Der Beitrag sei eine bewußt herbeigeführte Rufschädigung; es seien keine Beweise für die Anschuldigung erbracht worden.
Der seit einiger Zeit leicht kränkelnde Luchterhand Verlag bekommt einen neuen Chef und verlegt seine Produktion von Hamburg nach München. Der Neue, Christoph Buchwald, war Lektor beim Hanser Verlag. Künftig soll der Akzent stärker auf europäische Autoren und eine neue Reihe für Zeitgeschichte gelegt werden. Also adiós an Max von der Grün, Wohmann, Wolf und Grass.
Nun denken Sie bloß: Schlösser und Gärten Berlins und Brandenburgs sollen in einer gemeinsamen Stiftung vereint werden. Geh aus, mein Herz, und suche Freud und eine vereinigte Parkpank, auf der man ein frisches Pfund Erdbeeren oder auch ein Pfund frischer Erdbeeren verzehren und sich sogar am Lietzensee oder was ein bißchen wie in Sanssouci fühlen könnte!
Und noch ein Hammer: Nach fast dreizehn Jahren wird am Sonntag Goethes „Faust“ in der Regie von Fritz Bennewitz das letzte Mal auf der Bühne des Deutschen Nationaltheaters Weimar zu sehen sein. Die armen Leute hatten das Stück wirklich 96mal auf dem Spielplan, und Bennewitz beschäftigt sich seit ungelogen 50 Jahren mit dem Thema.
Ebenfalls nach Potsdam rübernicken möchten wir mit folgender Mitteilung, daß nämlich das dortige Filmfestival Europäischer Salon für Liebhaber des Jungen Films nun begonnen hat. Es soll um Krieg und Antikrieg, Liebe, Freundschaft und so weiter gehen, was ja in sechzig Filmen auch kein Problem ist. Den Auftakt machte „The Stream“, ein zwölfminütiges Porträt einer Frau aus Ex-Jugoslawien, die eine ältere Frau durch ein umkämpftes Waldstück schleppt. Völlig erschöpft ertränkt sie sie schließlich; der Film schließt mit der Ankunft der Frau und ihrer Kinder in einer Siedlung. Das Festival ist aus dem Studentenfilmfest hervorgegangen und präsentiert einiges, was nach Cannes noch nirgendwo anders zu sehen war.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen