Die Invasion der Kiezclub-Menschen

■ Fast 10.000 St. Pauli-Fans begleiten ihre Lieblinge zum letzten Saison-Gang nach Wolfsburg

„Suche Mitfahrgelegenheit nach Wolfsburg“ „Biete zwei Plätze im Auto nach Wolfsburg, suche Eintrittskarte.“ Reges Treiben im Fanladen des FC St. Pauli, der vor dem finalen Saisonspiel in der Volkswagenstadt zunehmend zu einer Kontaktbörse für Wochenendausflügler mutiert ist. Annähernd 10.000 St. Pauli-Fans aus dem gesamten Bundesgebiet wollen ihre Lieblinge zum aufstiegsentscheidenen Spiel begleiten.

Bereits am Sonnabend vor dem 4:1 gegen Mannheim war der Sonderzug des Fanladens restlos ausverkauft. Auch in den Bussen der Fanclubs und privater Organisatoren ist kein Platz mehr frei. Die täglichen Nachschläge an Eintrittsbillets sorgen vor dem Kartencenter des FC St. Pauli für Warteschlangen bis zur Budapester Straße. Heimspielathmosphäre für den Kiezclub im nur 13.000 Menschen fassenden VfL-Stadion in Wolfsburg also.

„Wir werden offensiv spielen“, proklamiert St. Pauli-Trainer Seppo Eichkorn ob dieses Vorteils. Allerdings wird der Übungsleiter auf die Dienste der demittierten Spieler Martin Driller und Andreas Reinke weiterhin verzichten. Verhaltener Optimismus bei der Rest-Mannschaft: „Wenn wir in Wolfsburg gewinnen, steigen wir auch auf“, sagt Dieter Schlindwein., Spielführer der Millerntor-Equipe, und verrät, daß er und seine Kollegen derzeitig mächtig angespannt sind.

Wohl begründet, denn an der Situation hat sich gegenüber der Ausgangslage vor dem siegreichen Spiel gegen Waldhof Mannheim am vergangenen Wochenende nichts geändert. Nur ein Sieg, bei einem gleichzeitigen Punktverlust des punktgleichen TSV 1860 München in Meppen, würde für den FC St. Pauli den dritten Bundesligaaufstieg nach 1977 und 1988 bedeuten. „Das ist eine extreme Dramaturgie“, stöhnt Seppo Eichkorn, dessen Eleven zuletzt 4:8 Punkte holten.

Diese Negativserie führt auch bei Dieter Schlindwein zur Nachdenklichkeit. „Es war vielleicht ein Fehler, daß wir zu früh über die Aufstiegsfeier nachgedacht haben“, bekannte er. Die Organisation einer solchen Festivität haben die Vereinsoberen längst in die Hand genommen: Falls der FC St. Pauli tatsächlich in der kommenden Saison in der 1. Fußballbundesliga mitkicken darf, wird am Sonntag (ab 12 Uhr) auf dem Spielbudenplatz eine Feier zu Ehren von Ho-Ho-Hollerbach, NaNaNaNaNaNa-Zander und Konsorten stattfinden. Kai Rehländer