Erneute Drohungen

■ Nordkorea warnt scharf vor Sanktionen / Reisediplomatie in Asien

Seoul/Peking/Washington (AFP/taz) – Im Streit um das nordkoreanische Atomprogramm blieb die Situation gestern gespannt: Nordkoreas amtliche Medien bekräftigten die Drohung, man werde jede Sanktion als Kriegserklärung werten. Und Südkoreas Verteidigungsminister Rhee Byoung Tae sagte, sein Land sei zu einer Kraftprobe mit dem kommunistischen Norden bereit. Jede militärische „Provokation“ werde mit „schnellen und mächtigen“ Operationen erwidert.

Der Verteidigungsminister war am Mittwoch mit US-General Gary Luck zusammengekommen, dem Kommandeur der 37.000 US- Soldaten, die in Südkorea stationiert sind. Die nordkoreanische Regierung warf den USA vor, zusätzliche Truppen nach Südkorea in Marsch gesetzt zu haben. Dabei handele es sich um 50 Kriegsschiffe und 200 Flugzeuge sowie insgesamt 25.000 Soldaten, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur KCNA. Ein Sprecher des US-Verteidigungsministers bestätigte, daß ein Marineverband mit dem Flugzeugträger Independence in Richtung Südkorea unterwegs sei. Er solle dort an seit Jahren geplanten Manövern teilnehmen. Pjöngjang habe seine Streitkräfte in höchste Alarmbereitschaft versetzt, hieß es in Seoul. In Seoul, das nur rund 60 Kilometer südlich der Grenzlinie zu Nordkorea liegt, ist die Stimmung dennoch relativ ruhig. Vertreter mehrerer deutscher Unternehmen erklärten gegenüber der taz, es gäbe keinerlei Überlegungen, ihre Mitarbeiter aus Südkorea zurückzurufen.

Die scharfe Rhetorik der weitgehend isolierten Regierung Nordkoreas sucht zu verhindern, daß sich die UNO oder einzelne Staaten wie die USA und Südkorea zur Verhängung von Sanktionen entscheiden. China, eines der fünf Ständigen Mitglieder des Weltsicherheitsrates, die über ein Vetorecht verfügen, lehnte solche Maßnahmen gestern erneut ab. Außenminister Qian Qichen sagte nach Angaben seines Sprechers gegenüber dem südkoreanischen Außenminister Han Sung Joo, der gerade in Peking weilt, Strafmaßnahmen würden nur zu einer Verschärfung des Konfliktes führen. Zuvor hatte Qian aber nach südkoreanischen Angaben zugesichert, China werde „sein Bestes tun“, um die Nordkorea-Krise beizulegen.

Auch Teile der japanischen Führung stehen nach Angaben aus Regierungskreisen in Tokio Sanktionen gegen Nordkorea ablehnend gegenüber. Zur Begründung hieß es, diese könnten einen Krieg auf der koreanischen Halbinsel auslösen. China zählt zu den wichtigsten Verbündeten Nordkoreas und versorgt den Nachbarn mit rund 75 Prozent seines Erdölbedarfs. In Japan lebende Koreaner transferieren Schätzungen zufolge jährlich mehr als eine Milliarde Mark nach Nordkorea. Am Samstag wird Tokios Außenminister nach Seoul und am Tag darauf nach Peking reisen.