■ Mit Europas Ozonkillern auf du und du: Träges Ausplätschern
Brüssel (taz) – Die Umweltminister der zwölf EU-Regierungen haben in Luxemburg beschlossen, daß der Ozonkiller FCKW länger verwendet werden darf als ursprünglich geplant. Statt des ursprünglich in Rio zugesagten Ausstiegs aus der FCKW-Verwendung in zehn Jahren ist das Ende des Treibgas-Zeitalters nicht vor 2015 zu erwarten.
Den Zeitplan für das stufenweise Absenken des FCKW- Verbrauchs hatten die Umweltminister schon im Dezember 1993 festgelegt. Danach sind FCKW-Verbindungen ab 1996 in Sprays, als Lösungs- oder als Kühlmittel in Haushaltskühlgeräten und Autoklimaanlagen verboten. Für Klimaanlagen in Zügen gilt das Verbot ab 1998 und für Kühlhäuser und Lagerhallen ab 2000.
Dieses träge Ausplätschern ist allerdings nur durch den Import von FCKW möglich. Denn die Herstellung ist in der EU schon ab 1995 untersagt. Nach Ansicht des deutschen und des dänischen Umweltministers müßte auch der Import drastisch beschränkt werden, weil sonst für die Industrie der Anreiz fehlt, in Ersatzstoffe zu investieren. Zur Zeit kosten Ersatzstoffe etwa das Drei- bis Vierfache des Ozonkiller-Originals.
Vor einigen Monaten trat nun eine eigenartige Allianz aus Umweltschützern und deutscher Großindustrie auf, die aufs heftigste dagegen protestierte, daß sich französische Betriebe durch billiges Import- FCKW einen Wettbewerbsvorteil bei der Kälteproduktion sichern. Denn da war bekanntgeworden, daß die Europäische Kommission Importlizenzen für mehr als 100.000 Tonnen verschiedener Chlorkohlenwasserstoffe vergeben hatte.
Die Kommission beeilte sich zwar zu versichern, daß es sich größtenteils um FCKW aus Altgeräten handelte. Aber sie konnte nicht schlüssig erklären, woher sie die Sicherheit nimmt, daß die riesigen Mengen aus den Ländern der ehemaligen Sowjetunion aufwendig recycelt anstatt billig produziert sein sollen. Trotzdem konnte sich Töpfer bei seinen Kollegen im Ministerrat nicht durchsetzen. Er erreichte weder eine Festlegung auf importierbare Höchstmengen noch eine Einigung, daß auch gebrauchte FCKW nur für unverzichtbare Anwendungen wie Asthmasprays eingeführt werden dürfen – wobei es durchaus gesundheitspolitische Einwände gegen Gebraucht- FCKW in Atemsprays gibt. Die Umweltminister der EU-Staaten einigten sich auf die schlichte – von keiner Zahl verunreinigte – Formel, daß FCKW-Importe „begrenzt“ werden. Alois Berger
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