Mit Balsam abschmieren

■ Milliardenbetrüger ziehen Geschäftsfreunde mit in die Pleite

Wiesbaden (AP/taz) – Die Kreditbetrüger des Sportbodenherstellers Balsam AG ziehen ein befreundetes Unternehmen mit in die Pleite. Dem Wiesbadener Finanzanbieter Procedo droht der Konkurs. Die Procedo macht ihre Geschäfte damit, daß sie Firmen die offenen Rechnungen ihrer Kunden abkauft und die Außenstände eintreibt. Die Hälfte ihres Umsatzes von 3,7 Mrd. Mark machte sie mit Balsam. Den Zeitraum zwischen dem Aufkauf der offenen Rechnungen und der Bezahlung durch die Kunden finanzierte Procedo mit Bankkrediten.

Bankenvertreter drohten den Procedo-Eignern gestern, daß sie das Unternehmen nicht vor der Pleite bewahren würden, falls nicht bis Montag ein verbessertes Angebot zur Rettung des Unternehmens vorliege. Mehrheitseigentümer der Procedo ist die Allgemeine Kreditversicherung (AKV), die wiederum der Allianz und der Münchner Rück gehört. Der Sachschaden bei Procedo wird laut Staatsanwaltschaft auf rund 1,6 Milliarden Mark geschätzt.

Wie Frankfurter Bankenkreise berichteten, waren die Vertreter von rund 50 Banken sowie der Vorstände der AKV und der Procedo am späten Mittwoch abend nach fünfstündigen Verhandlungen ohne Ergebnis auseinandergegangen. Die Banken, die jeweils bis zu 80 Millionen Mark Außenstände haben, übten heftige Kritik am Vorstandsvorsitzenden der AKV, Hubert Beuter, und der Procedo-Geschäftsführung. Die Geldinstitute warfen ihnen Inkompetenz und Nachlässigkeit in der Balsam-Betrugsaffäre vor. „Beuter hat versucht, die Verantwortung abzuwälzen und sich als Opfer darzustellen“, ärgerte sich ein Bankensprecher.

Der Vorschlag der AKV, daß die Banken auf ihre Forderungen von rund 1,7 Milliarden Mark gegen Ausgabe von Besserungsscheinen verzichten und sich die AKV im Gegenzug verpflichtet, das Firmenkapital der Procedo wiederherzustellen, sei „empört“ zurückgewiesen worden.

Für Freitag nächster Woche sei ein weiteres Bankentreffen geplant. Bis dahin werde die Liquidität der Procedo sichergestellt, sagte ein Bankensprecher. Sollte die AKV aber nicht wesentlich nachbessern, könne die Wiesbadener Firma „im schlimmsten Fall auch in Konkurs gehen“.

Der Schaden aus fingierten Verträgen und Rechnungen der Balsam AG mit ihren weltweit rund 1.500 Beschäftigten wird auf 1,5 bis 1,6 Milliarden Mark geschätzt. Nach Angaben aus Frankfurter Bankenkreisen könnte die endgültige Schadenshöhe aber noch niedriger ausfallen. „Bei den Einzelforderungen, die Procedo von Balsam gekauft hat, ist wohl noch eine gewisse Substanz drin“, meinte ein Bankensprecher. Diese könne bis zu 400 Millionen Mark betragen.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft hatte sich der Balsam- Vorstand mit gefälschten Aufträgen, Rechnungen und Bilanzen Kredite erschlichen, die die Procedo über ihre Hausbanken vorfinanzierte.