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Hörgerät? „Wie schrecklich!“

■ „Laubfrosch“: Spielstück des Bundes der Schwerhörigen

Tante Lilo versteht mal wieder nur Bahnhof. Alle lachen sich schlapp, doch die Arme hofft weiterhin, daß niemand ihre Schwerhörigkeit bemerkt. Ein Hörgerät? „Wie schrecklich!“

Im Theater an der Marschnerstraße zeigt die Theater-Spielgruppe des Bundes der Schwerhörigen e.V. ihr Stück Was ist los mit Dir, Laubfrosch?: Das erste Theaterprojekt, in dem Hörbehinderte auf ihre Probleme aufmerksam machen.

Regisseurin Imme Froh, nebenbei noch Lehrerin und Schauspielerin, befragte die elf Schwerhörigen und den ebenfalls mitspielenden HNO-Arzt Bruno Schmolke, Leiter der Hamburgischen Stiftung für Schwerhörige und Ertaubte, nach ihren Biographien und verarbeitete sie in ein Ohnsorg-ähnliches Familienstück: Renate und Leo führen eine glückliche Ehe und ein gutlaufendes Unternehmen.

Tochter Melanie, genannt Laubfrosch, hat gerade ihr Abitur bestanden. Doch die lustige Abi-Party, von der Tante Lilo nur die Hälfte mitkriegt, endet traurig: Melanie kann kaum noch hören. Freund Jo, der besonders auf Melanies Auto steht, ist dieser bitteren Veränderung nicht gewachsen. Nach der Trennung folgt eine zweite, schwerere Familienkatastrophe: Leo hat einen beidseitigen Hörsturz. Er hört nichts mehr.

Die konventionell inszenierte Geschichte, von den AkteurInnen sehr bühnen- und textsicher gespielt, vermittelt nachfühlbar die persönlichen und sozialen Probleme, die durch eine plötzliche Schwerhörigkeit auftauchen. Da fließen Tränen, fallen böse Worte, doch es werden auch Lösungen aufgezeigt: Tante Lilo geht inzwischen zur Selbsthilfegruppe, Melanies Freundinnen lernen „Lautsprache begleitende Gebärden“ und das „Fingeralphabet“.

Das Stück will vorrangig aufklären, denn Aufklärung tut not: Eine 1980 durchgeführte Hör-Test-Reihe ermittelte, daß rund 20 Prozent der Bevölkerung hörgeschädigt sind, doch die meisten davon verstecken ihre Behinderung und kämpfen allein gegen Mißverständnisse und heimliche Isolation. Der Hilfe bietende Bund der Schwerhörigen verzeichnet aber mal gerade 450 Mitglieder in Hamburg.

So ist der Laubfrosch auch als Aktion für eine breitere Öffentlichkeit geplant. Für die AkteurInnen und das Publikum ist das Theaterstück jedoch ein seltenes Erlebnis: Die zwölf SchauspielerInnen, die vor zwei Jahren mit Sprachunterricht ihr Projekt begannen, müssen auf der Bühne über Zeichen kommunizieren, damit die Einsätze klappen. Doch Nichteingeweihte merken höchstens an der manchmal merkwürdigen Aussprache und leichten Lautstärkeschwankungen, welch riesige Schwierigkeiten in mühevoller Arbeit bewältigt wurden.

Niels Grevsen

Theater an der Marschnerstraße; heute: 20 Uhr, morgen: 18 Uhr

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