Genossenschaft wirft Marokkaner raus

■ Hamburgs einziges marokkanisches Restaurant vor dem Aus

Für Osman Raki ist das ganze „nur ein Alptraum“. Seit zehn Jahren führt der 47jährige Hamburgs einziges marokkanisches Restaurant. Damit soll es nun vorbei sein. Die Schiffszimmerer-Genossenschaft, der die Räume des Restaurants „Hochatlas“ in der Ditmar-Koel-Straße gehören, will den Marokkaner Ende des Monats vor die Tür setzen. Rechtzeitig zum Zehnjahres-Jubiläum flatterte dem Gastwirt die Kündigung ins Haus.

In dem von einem Anwaltsbüro im Auftrag der Schiffszimmerer verfaßten Kündigungs-Schreiben heißt es: „Die Genossenschaft ist nicht bereit, das Mietverhältnis mit Ihnen fortzusetzen, so daß sich Verhandlungen insoweit auch erübrigen“. Sollte Raki die Lokalität bis zum 30. Juni nicht verlassen haben, so kündigt der Anwalt an, „werde ich Räumungsklage erheben“.

Gegenüber der taz begründete Genossenschaftsvorstand Eberhard Brandt die Kündigung damit, daß man die Restaurant-Räume „einer anderen Nutzung zuführen wolle“. Während Raki betont, es habe „nie irgendwelche Probleme“ zwischen ihm und der Genossenschaft gegeben, sieht diese das anders. Brandt: „Ob unpünktliche Mietzahlungen oder mangelnde Sauberkeit im Restaurant - wir hatten ständig Probleme mit Herrn Raki“.

Mehrere zehntausend Mark hat Omar Raki in die Einrichtung seiner Gaststube in St. Pauli nach eigenen Angaben investiert. „Bisher habe ich noch keinen Pfennig an dem Laden verdient“, klagt Raki: „Erst jetzt hätte sich das Ganze gelohnt“. Von seiner Vermieterin fühlt der Marokkaner sich getäuscht. Als er im Frühjahr 1991 plante, weiteres Geld in die Erweiterung seines kleinen Restaurants zu stecken, hätte ihm die Genossenschaft in Aussicht gestellt, den 1994 auslaufenden Mietvertrag zu verlängern. Raki: „Sonst hätte ich den Ausbau nie gemacht“.

Rakis ehemaliger Rechtsanwalt Timm Bischoff, der im Mai 1991 an einem Gespräch zwischen Raki und Brandt teilnahm, bestätigte seinem Mandanten das sogar schriftlich: „Herr Brandt (hat) in meinem Beisein sein Wort gegeben, daß das mit ihnen bestehende Mietverhältnis fortgesetzt werden würde, wenn (es) in den nächsten drei Jahren ... keinen Anlaß zu Beanstandungen geben würde“. Brandt hingegen zur taz: „Eine derartige Zusage hat es nie gegeben. Wir haben Herrn Raki schon zu diesem Zeitpunkt mehrfach schriftlich mitgeteilt, daß wir nicht daran denken, das Mietverhältnis zu verlängern“.

Das Hamburger Landgericht hat jetzt der Kündigung der Genossenschaft stattgegeben. „Ich gehe auf alle Fälle in die Berufung“, kündigt Raki an. „Wenn ich hier rausfliege, ist meine Existenz zerstört - dann kann ich meine sieben Kinder nicht mehr ernähren“. Doch die Genossenschaft sieht keinen Anlaß, Kündigung und Räumungsdrohung zurückzunehmen. Brandt: „Es gibt keinen Grund, jetzt einzuknicken“

Marco Carini