Zwölf Jahre für Vergewaltiger

■ Rahlstedter Gastwirt in 28 Fällen für schuldig befunden / Fünf Jahre lang verbreitete er Angst und Schrecken im Osten Hamburgs Von Paula Roosen

Der Mann, der fünf Jahre lang in Hamburgs Osten Frauen in Angst und Schrecken versetzte, ist gestern zu einer Gefängnisstrafe von zwölf Jahren verurteilt worden. Acht Vergewaltigungen, sieben versuchte Vergewaltigungen und dreizehn Fälle von sexueller Nötigung konnte die Kammer des Schwurgerichts dem 46jährigen Gastwirt aus Rahlstedt nachweisen.

Der verheiratete Vater einer 15jährigen Tochter hatte die Wohnungen seiner Opfer sorgfältig ausspioniert und war seit 1988 an die 30 Male zur Nachtzeit, meist zwischen ein und fünf Uhr, wenn er seine Gaststätte geschlossen hatte, bei den alleinlebenden Frauen eingestiegen. Damit sie niemanden zur Hilfe rufen konnte, riß er das Telefonkabel heraus, bevor er die Frauen im Alter von 16 bis 38 Jahren mißhandelte und quälte. Der Kneipier konnte schließlich im September 1993 gefaßt werden, als er zum zweiten Mal versuchte, in die Wohnung eines früheren Opfers einzudringen.

Vor dem Schwurgericht hatte sich der Mann stets den Anstrich eines erfolgreichen Playboys gegeben. Nein, Probleme mit Frauen habe er nie gehabt. Er war bis zu seiner Untersuchungshaft davon überzeugt, „die Frauen würden es als nicht so gravierend empfinden und hätten keinen Grund, böse zu sein.“ Er sei nicht bewußt mit Gealt vorgegangen. Bis zuletzt, so der Richter in seiner Urteilsbegründung, habe sich der Angeklagte die absurde Illusion aufrecht erhalten wollen, die Frauen hätten letztlich alles mitgemacht.

31 Frauen hatten ihren Peiniger angezeigt. Viele von ihnen wurden unter Ausschluß der Öffentlichkeit als Nebenklägerinnen gehört, berichteten über die langwierigen Tatfolgen, die wie ein quälender Schatten über ihnen lägen. Die Frauen, denen Gewalt angetan worden ist, haben alle Angst, allein zu leben. Lange Zeit fühlten sie sich beobachtet. Sie verloren die Fähigkeit, Beziehungen einzugehen, mußten ihre Wohnungen aufgeben und waren aufgrund der psychischen Belastungen ihren Jobs nicht mehr gewachsen.

Der Angeklagte hat sich nur bei einer einzigen Frau entschuldigt. Nach Einschätzung des Staatsanwaltes hielt sich der Gastwirt zur Tatzeit für einen „Gentleman-Vergewaltiger, der allen Ernstes seine wehrlosen Opfer mit Charme erobern zu können glaubte.“ Seine Forderung am vergangenen Dienstag: zwölf Jahre Haft.

Dem Verteidiger des Angeklagten war in dem insgesamt sechs Wochen andauernden Prozeß nicht viel eingefallen. Erst kurz vor der Urteilsverkündung bestand er auf der Anhörung eines Sachverständigen, der belegen sollte, daß sein Mandant nach zwei vermeintlichen Herzinfarkten nicht mehr lange zu leben habe. Der Gutachter legte sich dann aber auf eine Lebenserwartung von noch 29 Jahren für den Gastwirt fest.

„Der Mann hat im Hamburger Osten von Mai 1988 bis September 1993 Angst und Schrecken verbreitet“, sagte der vorsitzende Richter Günter Bertram in der Urteilsbegründung, „jede einzelne Tat, jedes einzelne Schicksal hätte schon eine hohe Haftstrafe für sich gerechtfertigt. In den USA zum Beispiel wären das zusammengezählt 59 Jahre und sechs Monate Haft gewesen.“