Gesungene, getanzte Geschichte

■ Die Gruppe „Garere“ aus Namibia, morgen ein zweites Mal

Ein spezieller Stil der klassischen deutschen Kirchenhymnen ist vielleicht nur noch in den Gesängen namibischer Gospelchöre lebendig geblieben. Dies ist eine der erhellenden Pointen des Auftritts der Gruppe „Garere“ am Donnerstag im Schlachthof, der nicht nur ein Konzert sondern auch eine didaktisch geschickte Lektion in Ethnologie war. Ein deutsches Kirchenlied klang aus den Kehlen der zehn SängerInnen des Chores so ähnlich wie die namibische Nationalhymne, und der Leiter der Band erzählte in schönstem Deutsch, wie sich die Missionare damals lächerlich machten, wenn sie in den hochkomplizierten Schnalzlauten eines afrikanischen Dialekts radebrachen und „Vater, Sohn und heiligen Geist“ als „Astloch, Toilette und Geschlechtsteil“ übersetzten.

Durch solche sympathisch-ironischen Erklärungen lernte das wohlmeinende Publikum (das in der kurzen Ansprache einer Organisatorin gar als „Freunde Namibias“ begrüßt wurde) die verschiedenen ethnischen Kulturen des jungen Landes in betont naiv gehaltenen Spielszenen, Tänzen und Gesängen kennen: Der für einen Wüstenstamm typische Bittgesang um Regen, eine Jagdszene mit folgendem Triumpftanz in den Kostümen der Buschmänner, ein Heilungsritual mit beschwörenden Gesängen und ein festlicher Reigen, in dem jeweils passende Lieder und Tanzspiele für „Menschen zwischen 2 und 70 Jahren“ vorgestellt wurden. All das wurde in einer kurzweiligen Revue präsentiert.

Die Begleitband war dabei mit Schlagzeuger, Congaspieler und dem Bandleader an den Keyboards auf das Äußerste reduziert, im Mittelpunkt standen die zum Teil sehr jungen Bandmitglieder, die ununterbrochen sangen, tanzen und viele schnelle Kostümwechsel bewältigen mußten. Eine angenehme Nonchalance machte dabei den besonderen Charme der Gruppe aus. Keinen schien es zu stören, wenn die vermeintlich so naturwüchsigen Buschmänner moderne Brillen und Armbanduhren zu ihren Lendenschürzen trugen. Die verschiedenen Kulturen der Völker Namibias wurden durch Kolonialismus und Apartheid systematisch unterdrückt. Sprachen, Musik, Tänze und Rituale durften offiziell nicht gelehrt und gepflegt werden. Daher ist die Arbeit von „Garere“ für das junge Land sehr wichtig und beispielhaft. Daß sie dabei aber so heiter, bescheiden und unbekümmert auftreten, war die große Überraschung dieses unterhaltsamen Abends. Willy Taub

Sonntag, 18 Uhr, in der Immanuel-Gemeinde, Elisabethstr. 8.

Willy Taub