Verkaufe Labor und Blutbank

■ Krankenhaus St.-Jürgen-Straße betritt Neuland bei der Privatisierung: Personal wird vom Öffentlichen Dienst ausgeliehen / Personalrat dagegen

Die Privatisierung des Zentrallabors im Krankenhaus St.-Jürgen-Straße rückt näher. Am kommenden Freitag wird der Krankenhausausschuß den Vertrag beraten, den St.-Jürgen-Verwaltungsdirektor Bremermann mit der Laborgruppe Kramer in Geesthacht ausgehandelt hat. Gegenüber dem status quo würden sich daraus Einsparungen von rund 770.000 Mark pro Jahr für die Klinik ergeben, hat Bremermann errechnet. Der Krankenhaus-Personalrat hat allerdings widersprochen, so daß die Privatisierung nach ihrer Genehmigung durch die Gesundheitssenatorin noch durch ein förmliches Schlichtungsverfahren muß (vgl. taz vom 18.2.94).

Für Bremen erstmalig soll zwar das Zentrallabor samt Inventar verkauft werden, die 75 Beschäftigten sollen aber – wenn sie zustimmen – weiterarbeiten. Sie bleiben als Angestellte im Öffentlichen Dienst, unterliegen allerdings der Fachaufsicht und dem Weisungsrecht des privaten Laborbetreibers.

Insbesondere diese Konstruktion der „Personalüberlassung“ hat den Widerstand des Personalrats hervorgerufen. Vor allem, wenn nach einiger Zeit neben dem bisherigen Personal auch beim privaten Betreiber neu eingestellte MitarbeiterInnen arbeiten, würden „zwei Belegschaftsteile entstehen, die unterschiedliche Rechte, Tarife und Personalvertretungsorgane haben“, heißt es in einem Gutachten des Arbeitsrecht-Anwalts Jürgen Maly.

Die Laborgruppe Kramer, die das einzige Angebot auf die öffentliche Ausschreibung des Zentrallabors abgegeben hatte, sieht darin allerdings kein Problem. Detlef Kramer: „Die Bremer Konstruktion ist für uns zwar Neuland, es wird aber doch kaum einen Unterschied zwischen beiden Gruppen geben. Unser Haustarif ist dem BAT sehr ähnlich.“ Im Vergleich zum Öffentlichen Dienst sei man allerdings „flexibler in der Eingruppierung“.

Dieser Auskunft traut der Bremer Personalrat nicht. Schließlich gibt es für die rund 200 Beschäftigten der Laborgruppe in Geesthacht bisher keinen Betriebsrat. „Die Arbeitsverträge bei Kramer sind schlechter als im Öffentlichen Dienst“, meint Personalrätin Irmgard Danne, „kein Wunder, daß das Privatlabor billiger arbeitet.“

Laborbetreiber Kramer nennt dafür andere Gründe: „Wir können einfach schneller und flexibler auf den Markt reagieren. Außerdem können wir als großer Laborverbund Reagenzien sehr viel günstiger einkaufen.“ Im Unterschied zur bisherigen Praxis könnte das St.-Jürgen-Labor nach der Privatisierung zudem mit der Akquisition von Fremdaufträgen besser ausgelastet werden. Und im Bereich der technischen Ausstattung sieht Kramer einen „Nachholbedarf“. Mit Dumpingpreisen habe die Kramer-Gruppe bei ihrem Angebot auf die Ausschreibung jedenfalls nicht gearbeitet. Kramer: „Der Krankenhaus-Bereich ist für uns ein interessanter neuer Markt, aber wir machen dafür keinen Harakiri.“

Voraussetzung für die Labor-Privatisierung ist nun neben einer Einigung im Schlichtungsverfahren auch noch die Zustimmung des bisherigen Labor-Leiters, Prof. Rainer Haeckel. Mündlich hat er zwar bereits angekündigt, nach dem Labor-Verkauf für die Kramer-Gruppe weiterhin als Leiter zu arbeiten, vertraglich fixiert ist dies allerdings noch nicht.

Für das Jahr 1993 rechnet St.-Jürgen-Verwaltungsdirektor Bremermann mit einem Defizit seiner Klinik von rund sechs Millionen Mark, 1994 sollen es nur noch vier sein. Neben dem Zentrallabor steht deshalb auch noch die Blutbank auf seiner Verkaufsliste. Ase