„Wir haben die Sache gut im Griff“

Wie sich Bündnis 90/Die Grünen auf eine Koalition mit den Sozialdemokraten vorbereitet / Joschka Fischer will Superminister werden, Ludger Volmer drängt es zur Entwicklungshilfe  ■ Von Jürgen Gottschlich

Es ist Freitag abend, der 4. November. Die Halle ist gerammelt voll, selbst im Foyer drängeln sich die Massen. Soeben hat Joschka Fischer den Delegierten in der ihm eigenen Art die Ergebnisse der Verhandlungen mit der SPD nahegebracht. Ludger Volmer nickt anerkennend, stürmischer Beifall bricht los. Die Partei stimmt mit überwältigender Mehrheit zu: Der ersten rot-grünen Bundesregierung, einer „Weltpremiere“ (Antje Vollmer) immerhin, steht nichts mehr im Wege.

So oder so ähnlich stellen sich die Strategen von Bündnis 90/Die Grünen die Situation zwei Wochen nach der Bundestagswahl vor und befinden sich damit ganz im Einklang mit der Parteibasis. Noch einmal will der Bundesvorstand der Grünen sich nicht vorwerfen lassen, eine Bundestagswahl durch mangelhafte Vorbereitung vermasselt zu haben. Der Zeitplan für die Wahlkampagne steht, ein sogenanntes Wendepapier mit den wichtigsten Punkten für eine Regierungsbeteiligung ist in Arbeit, und selbst eine Halle für den Parteitag nach der Wahl ist vorsorglich schon einmal gebucht. Sollten die Grünen tatsächlich über einen Koalitionsvertrag mit den Sozialdemokraten abstimmen müssen, wird es an den geeigneten Räumlichkeiten für eine Bundesdelegiertenkonferenz nicht scheitern. „Wir haben die Sache diesmal wirklich gut im Griff“, gibt sich Helmut Lippelt, Kandidat in Niedersachsen und Bundesvorstandsmitglied, optimistisch.

Grundsätzlich will da niemand widersprechen, doch ab und an überkommt einzelne grüne Hoffnungsträger doch ein beklemmendes Gefühl, wenn sie sich klarmachen, was eigentlich alles auf sie zukommen könnte. „Ich habe schon die Befürchtung, daß wir im entscheidenden Moment nicht wirklich ausreichend gut präpariert sind“, räumt die Bremer Spitzenkandidatin Marieluise Beck ein, „uns fehlt der Apparat und teilweise auch die Insiderkenntnisse.“ Die Frage ist, ob der entscheidende Moment überhaupt kommen wird. Vor allen Nervenkrisen bei möglichen Verhandlungsmarathons steht das Abschneiden am 16. Oktober, steht der Wahlkampf, und steht für die einzelnen KandidatInnen die Frage, ob sie es persönlich schaffen, ob sie dabeisein werden, wenn die neue Fraktion sich am 17. Oktober erstmals trifft. Einen ersten Vorgeschmack von dem, was dann auf sie zukommen wird, bekommen die potentiellen VolksvertreterInnen an diesem Wochenende. Da sich viele KandidatInnen aus den sechzehn Landesverbänden persönlich noch gar nicht kennen, hat die amtierende Bundestagsgruppe alle eingeladen, die bei angenommenen acht Prozent mit von der Partie wären. „Das dient“, so Werner Schulz, Sprecher der jetzigen Bundestagsgruppe und Spitzenkandidat in Sachsen, „hauptsächlich dazu, daß sich alle mal gesehen haben. Jeder soll die Möglichkeit bekommen, sich vorzustellen und seine Interessen einzubringen.“ Wenn man schon einmal zusammen ist, soll auch darüber nachgedacht werden, wie die zukünftige Fraktion strukturiert wird, also welche Arbeitsgruppen gebildet werden und wie der Fraktionsvorstand aussehen soll. „Entscheidungen werden natürlich keine getroffen“, versichert Schulz treuherzig, aber „wir müssen im Oktober möglicherweise schnell reagieren“.

Der Kampf um Einfluß beginnt schon jetzt

Was sich so harmlos anhört, birgt tatsächlich bereits den Sprengstoff personalpolitischer Richtungsentscheidungen. So wird mit einer Entscheidung über die Anzahl der SprecherInnen indirekt bereits über die Besetzung entschieden. Bei drei Personen wäre es vielleicht noch möglich, sowohl den gewählten Parteichef Ludger Volmer als auch den heimlichen Herrscher Joschka Fischer zu bedienen, bei zweien schließt die Geschlechterquotierung diese Möglichkeit aus. Tatsächlich ist aber alles noch viel komplizierter. Wer sich Hoffnung auf ein Regierungsamt macht, kann nicht gleichzeitig für den Fraktionsvorstand kandidieren. Also hat Werner Schulz doch recht, wenn er sagt, daß keine Entscheidungen fallen werden – bis zur Wahlnacht wollen sich einige Leute ihre Optionen offenhalten.

Für die Mehrheit der potentiellen Fraktionsmitglieder gelten allerdings andere Gesetze. Die Zeit, in der alle mehr oder weniger unbekannt waren, die Phase, in der Politik vermeintlich unabhängig von konkreten Personen durchgesetzt wurde, ist auch bei den Grünen längst vorbei und hat es im Bündnis 90 sowieso nie gegeben. Der frühere Kampf gegen die „Promis“ ist einem pragmatischen Umgang mit dem politischen Kapital „bekannte Persönlichkeit“ gewichen. Der Führungsanspruch Joschka Fischers, meint die Hamburger Spitzenkandidatin Kristin Heyne, wird in der kommenden Fraktion „kaum umstritten sein“. Die Lehrerin ist ein gutes Beispiel für die sich verändernden Realitäten bei den Grünen. Aus den Paradiesvögeln von früher sind ParlamentskennerInnen geworden. Kristin Heyne hat in den letzten zehn Jahren ihre politischen Erfahrungen gemacht, saß in der Hamburger Länderkammer, als die Grünen dort mit einer reinen Frauen- Fraktion antraten. Sie erinnert sich noch an die ersten rot-grünen Verhandlungen überhaupt zwischen Thomas Ebermann und Klaus von Dohnanyi und hat jetzt gerade noch einmal aus der Nähe verfolgt, wie Voscherau die Grünen auflaufen ließ, als sich ihm die Statt Partei als Alternative anbot.

Heyne macht sich keine Illusionen über den parlamentarischen Betrieb und ist deshalb um so mehr davon überzeugt, daß man „natürlich mit der SPD verhandeln muß, wenn das Wahlergebnis das hergibt“. Auch der derzeitige Wahlkampfkurs der SPD irritiert sie nicht besonders. „Scharping wird schon kommen, wenn er muß.“ Das Ziel einer Regierungsbeteiligung von Bündnis 90/Die Grünen ist klar: Einstieg in den ökologischen Umbau der Gesellschaft. Für ihre Hamburger Kollegin Amke Dietert-Scheuer vom linken Flügel der Partei gilt im Prinzip das gleiche, auch wenn sie, quasi als Restposten einstiger Flügelkämpfe, einschränkend hinzufügt, es gebe natürlich keine Koalition „um jeden Preis“.

Die Basis drängt auf Regierungsbeteiligung

Doch im Unterschied zu früheren Zeiten wird dies den Realos vom linken Flügel auch kaum noch unterstellt. Der Verratsvorbehalt aus alten Schaukämpfen hat einer neuen Sachlichkeit Platz gemacht. Tatsächlich wendet sich das Mißtrauen führender Linker im Moment eher gegen die sonst immer beschworene Basis. Nur halb im Scherz meint Christian Ströbele, der bei der Listenaufstellung in Berlin an der Ost-West-Quote scheiterte und jetzt versucht, in der Grünen-Hochburg Kreuzberg ein Direktmandat zu erkämpfen, bei der momentanen Stimmung in der Partei würde eine Bundesdelegiertenkonferenz nahezu jedes Verhandlungsergebnis gutheißen: „Die gehen mit fliegenden Fahnen in die Regierungsbeteiligung.“ Ströbele hat dieses Phänomen schon einmal studieren können, als bei der Bildung der rot-grünen Landesregierung in der damals noch geteilten Stadt die Parteibasis ebenfalls mit Macht in die Verantwortung drängte.

Doch auch er ist der Meinung, daß man es natürlich versuchen muß. „In der Energiepolitik, beim Verkehr ist keine Zeit mehr zu verlieren.“ Wenn eine Koalition rechnerisch möglich ist, „haben wir gar keine andere Wahl“. Die meisten zukünftigen MandatsträgerInnen müssen auch gar nicht lange gedrängt werden. Sie wollen endlich gestalten, statt immer nur davon zu reden. Simone Probst, eine der wenigen von Bündnis 90/Die Grünen, die noch nicht über dreißig Jahre alt sind, wenn sie in den Bundestag kommen, war „früher gegen eine Regierungsbeteilung“. Nun hat sie sich aber, nicht zuletzt über ihre Arbeit im Kreistag in Paderborn, davon überzeugt, daß man nur von innen wirklich etwas verändern kann. Sie freut sich darauf, wenn die Grünen die Chance bekommen zu zeigen, was sie können. „Kompetenz“, davon ist sie fest überzeugt, „gibt es bei uns genug.“ Sie will in der Regierung die ökologische Wende einleiten, im Gegensatz zu den meisten anderen ist sie davon überzeugt, daß ein Ausstieg aus der Atomwirtschaft tatsächlich in zwei Jahren möglich ist. „Das muß man natürlich schon vor Gesprächen mit der SPD durchkalkulieren und jetzt bereits Gutachten in Auftrag geben, die die Kosten errechnen.“

Simone Probst, die auf der NRW-Landesliste auf Platz sieben gelandet ist, ist Physikerin und will ihre Kenntnisse möglichst im Umweltausschuß des Bundestages einsetzen. Da, so fürchtet der absolute Youngster der kommenden Fraktion, Matthias Berninger, 23 Jahre jung, wird es besonders eng werden. Obwohl er vom Studium her auch auf ökologische Fragen spezialisiert ist, hat er sich in weiser Voraussicht dafür entschieden, Jugendpolitik machen zu wollen. „Alles andere wäre mir ja als Altklugheit angelastet worden“, meint der grüne Nachwuchshoffnungsträger, dem seine öffentliche Wirkung bewußt ist.

Die einzige echte Fischer-Dissidentin in Hessen, die wohl trotzdem in den Bundestag kommen wird, ist Marina Steindor. Die Linke aus Marburg fürchtet, daß eine rot-grüne Bundesregierung, „wenn sie so läuft wie die Landesregierung in Hessen“, jeden innerparteilichen Widerspruch erstickt und den „gesellschaftlichen Diskurs über strittige Themen eher eindämmt als forciert“. Als Ärztin und Sprecherin der Bundesarbeitsgemeinschaft Gesundheit ist sie vor allem in der Auseinandersetzung um die Einführung der Gentechnik engagiert. Die Risiken dieser Technologie müssen die Grünen ihrer Meinung nach auch dann noch zum Thema machen, wenn Scharping damit den Wirtschaftsstandort Deutschland sanieren will. Doch bei aller Kritik an den eigenen Vorleuten sieht Marina Steindor letztlich Rot-Grün in Hessen doch im Plus und ist entsprechend auch für eine Koalition in Bonn: „Die historische Situation zwingt uns dazu.“ Diese Überzeugung eint alle Flügel der Partei. Marieluise Beck, als Reala so gut wie Simone Probst vom linken Flügel: „Die Bündnisgrünen können sich jetzt, nachdem sie jahrelang von der Krise als Chance geredet haben, nicht mit Verweis auf die leeren Kassen vor der Verantwortung drücken.“

Nur in der Pfalz zweifeln die Grünen an Rot-Grün

Als nagender Zweifel bleibt, ob mit einem Kanzler Scharping überhaupt Reformpolitik zu machen ist. Was im Wahlkampf noch taktisch klug sein kann, da es den Grünen viel Spielraum läßt, wenn Scharping vor allem auf Sicherheit und Kontinuität abhebt, kann ab dem Tag danach zu einer kaum zu überwindenden Hürde werden. Die Erwartungshaltung der beiden Wählergruppen liegen möglicherweise weit auseinander, die gemeinsame Schnittmenge könnte bedrohlich klein sein. „Skepsis ist natürlich da“, meint der Münsteraner Lehrer Winnie Nachtweih, „aber wir stellen die Skepsis nicht in den Vordergrund.“

Das stimmt mit einigen Ausnahmen aus Rheinland-Pfalz. Die Grünen aus dem Basiscamp des SPD-Herausforderers sind von Scharping „nachhaltig traumatisiert“, wie Christian Sterzing, zweiter auf der dortigen Bundestagsliste, diagnostiziert. Angefangen von den Verhandlungen, die Scharping zur Bildung der Landesregierung mit Grünen und FDP parallel führte, über seine konkrete Politik im Land der Weinberge bis zu seinem persönlichen Nicht-Umgang mit Grünen: „Alles katastrophal.“ Wenn Spitzenkandidatin Ulli Höfken trotzdem nicht gleich für die Opposition plädiert, dann, weil sie bei ihrer Arbeit als Fraktionsmitarbeiterin in Bonn auch andere Erfahrungen mit SPD-Leuten gemacht hat. „Und in der Landwirtschaftspolitik“, ihrem Spezialgebiet, „sind die Vorstellungen gar nicht so weit auseinander.“

Als jetzt die Umfragewerte für Scharping in den Keller fielen, gingen jedoch auch Leute zu Rot- Grün wieder auf Distanz. Da wollten doch Leute, empört sich Simone Probst, den Wahlslogan – Wer Rot-Grün will, muß Grün wählen – am liebsten wieder umschreiben und in die Defensive gehen. Gerade rechtzeitig stellte dann Scharpings Wahlkampfmanager Verheugen klar, daß für ihn und seinen Chef Rot-Grün jeden Schrecken verloren hat. Eine Version, die von grüner Seite bestätigt wird – es gebe direkte Kontakte zum SPD-Chef, „Joschka hat da einen kurzen Draht“.

Flügelübergreifend blaß um die Nase werden dagegen sämtliche GesprächspartnerInnen bei der Vorstellung, nicht Rot-Grün, sondern nur eine Ampelkoalition reiche zur Verhinderung einer Großen Koalition. Angefangen von Beck in Bremen, die jeden Tag praktische Erfahrungen mit dieser Konstellation macht, bis hin zu Christian Ströbele stöhnen alle bei dem Gedanken auf, mit den Wirtschaftsliberalen über eine ökologische Steuerreform oder eine allgemeine Grundsicherung verhandeln zu sollen. Trotzdem, und obwohl diese Variante für die Grünen offiziell gar nicht existiert, werden sie im Falle eines Falles zu Verhandlungen antreten. Wir können auch diese Möglichkeit nicht von vornherein ausschließen, heißt es im Bundesvorstand.

Auf den Mitgliedern des Bundesvorstands lastet im Moment der größte Teil der organisatorischen Vorarbeit. Bei einem Treffen letzte Woche in Berlin wurde ein sogenanntes Wendepapier vordiskutiert, ein Extrakt aus dem Programm der Grünen, in dem die wichtigsten Anliegen der Partei an eine zukünftige Bundesregierung formuliert werden. Hierarchisch gegliedert, kommt zuerst der ökologische Umbau, gefolgt von Arbeitsplatzbeschaffung durch Arbeitszeitverkürzung und neue Arbeitsplätze im Bereich von Umwelttechnik und Sanierung. Andere wichtige Vorhaben sind ein Ost-West-Lastenausgleich und die rechtliche Sicherstellung einer multikulturellen Gesellschaft durch die Änderung des Staatsbürgerschaftsrechts, ein Einwanderungsgesetz und den Schutz von Flüchtlingen. Dieses Wendepapier wird nun erst mal an diesem Wochenende der zukünftigen Fraktion vorgestellt und soll dann auf einem Länderrat eine Woche nach der Wahl in Sachsen-Anhalt ausführlich besprochen werden. Endgültig verabschiedet werden soll die Plattform dann Anfang September zu Beginn des heißen Wahlkampfs.

Der Zeitplan nach der Wahl ist extrem eng

Zusammen mit der Agentur „trust“ betreibt der Bundesvorstand die organisatorische und technische Vorbereitung des Wahlkampfes – welche Plakate, wann wo welche Großveranstaltungen, Rundreisen etc. –, alles mit einer Mini-Mannschaft, da die Partei seit der von ihr erfolgreich betriebenen Klage gegen die Parteienfinanzierung selber chronisch Pleite ist.

Die delikateste Aufgabe für Ludger Volmer, Marianne Birthler, Helmut Lippelt und andere aber ist die Zusammenstellung einer Verhandlungskommission. Die Prämisse des gesamten Unternehmens „Aufbau einer neuen Bundesregierung“ ist der extrem enge Zeitrahmen. Ab Verkündung der ersten Hochrechnungen am Wahlabend bleibt den Parteien für eine Regierungsbildung nicht viel mehr als zwei Wochen. Spätestens vier Wochen nach der Wahl muß laut Grundgesetz ein neuer Kanzler gewählt werden, nach bisheriger Planung des Bundestages sogar schon am 9. November. Damit sind Verhandlungsmarathons wie in manchen Bundesländern vorn vornherein ausgeschlossen, dickleibige Koalitionsverträge kaum auszuhandeln. Um so wichtiger sind präzise Absprachen über gemeinsame Projekte einer Koalition, und um so größer ist die Verantwortung der wenigen Leute, die dann tatsächlich die Verhandlungen führen. Im Unterschied zu den Anfangszeiten der Grünen, wo jede Absprache erst zeitraubend mit der Basis rückgekoppelt werden mußte, sollen diesmal zwei bis drei Personen legitimiert werden, schon in der Wahlnacht Vorabsprachen zu treffen. Danach soll eine Gruppe von acht bis zehn Leuten die Partei vertreten. Da in dieser Combo die Weichen gestellt werden, gibt es natürlich mehr Bewerber als Plätze.

Auf dem Länderrat Ende Juni wird der Bundesvorstand einen „Strukturvorschlag“ machen, die Entscheidung über die Personen soll dann Anfang September fallen. Die Drängelei um die Plätze in der Verhandlungskommission ist auch deshalb stark, weil damit auch die Vorentscheidungen für grüne Kabinettsangebote fallen.

Schacher um Ministerposten

Nach dem Motto: „Worüber keiner redet, aber jeder dran denkt“ wird selbstverständlich im Hintergrund heftig über grüne Ministerposten spekuliert. Die Bewerberliste führen im engen Zusammenspiel Joschka Fischer und Ludger Volmer – klar, daß die beiden zuerst einmal selber draufstehen. Eine Ministerliste, die der Stern jüngst veröffentlichte, gilt als gezielte Desinformation, mit einer sicheren Ausnahme: Ludger Volmer will gerne Minister für Entwicklungshilfe und wirtschaftliche Zusammenarbeit (das kleine Außenministerium) werden, „eines der wenigen Ressorts, in dem es grüne Sympathisanten unter den Beamten gibt“ (Volmer). Damit scheint klar, daß Joschka Fischer, obwohl er an einem Buch über Außenpolitik schreibt, nicht mehr das große Außenministerium anstrebt, sondern tatsächlich seine Kompetenz in ein neu zu schaffendes Strukturministerium, das sich aus dem bisherigen Umweltministerium und Teilen des Wirtschafts-, Verkehrs- und Forschungsministeriums zusammensetzen soll, einbringen wird.

Alles andere ist unklar, außer daß zwei weitere Ministerien – vier sollen es in jedem Fall sein – mit Ministerinnen besetzt werden müssen. Da ist für Spekulationen breiter Raum. Angefangen von einem Frauenministerium, über Justiz bis hin zum Innenministerium ist alles im Gespräch. Angeblich ist der Meinungsbildungsprozeß im Führungszirkel noch nicht abgeschlossen, aber es ist ja auch von Vorteil, wenn für Verhandlungen eine gewisse Flexibilität vorhanden ist. Schließlich, meint Helmut Lippelt, konnten die Bündnisgrünen noch nie auf so viele qualifizierte Leute zurückgreifen wie in der kommenden Fraktion. „Wenn man bedenkt, wie viele Leute in dem Auf und Ab der letzten Jahre verschlissen wurden oder ausgestiegen sind, kann man ermessen, auf welche Erfahrungen die zurückgreifen können, die nun in der kommenden Fraktion noch dabei sind.“ Immerhin, mehr als einer kam durch.