Ekstase für Sekunden

■ Youssou N–Dour & Band brachten den Schlachthof schwer in Wallung

Die Kesselhalle kochte. Youssou N'Dour riß sein Publikum vom ersten Takt an mit – der Unterschied zu westlichen Popstars war nur, daß hier keine jungen Mädchen in Schreikrämpfe verfielen, sondern stämmige afrikanische Männer versuchten, die Bühne zu erklimmen, um dort ein paar Sekunden ekstatisch zu tanzen, bevor sie von den Ordnern weggezerrt wurden.

N'Dour strahlte das Charisma des Erfolges aus, und seine Bandaus dem Senegal „Super Etoile“ spielte zugleich so ausgelassen und präzise, daß die Stimme des Sängers völlig frei auf den Rhythmen zu surfen schien. Auch wenn man mit dieser Musik nicht so vertraut war wie die vielen farbigen Zuhörer, auch wenn man die Texte nicht verstand,wurde man von derEnergie dieses Auftritts überwältigt.

Unter den elf Musikern der Band fiel besonders der Spieler der traditionellen Talking Drum auf. Es ist bezeichnend für dieses Musik, daß er auf dem etwa 20 Zentimeter großen Instrument viel interessantere Variationen erzeugen konnte als etwa der Drummer auf dem Standardschlagzeug. Die Reibung zwischen der modernen Instrumentierung (Keyboards und Saxophonsatz) und den typisch afrikanischen Spielformen macht zum großen Teil den Reiz dieser Musik aus.

Mit einer sehr eigentümlichen Ausnahme: Etwa in der Mitte des Konzertes sang N'Dour im Duett mit seiner Vokalistin einen Popsong, der offensichtlich für den westlichen Markt maßgeschneidert war. „I'll be waiting“ war mindestens so gut wie die Hits der aktuellen Top 10, aber im Vergleich mit N–Dours anderer Musik wirkte er wie eine kalte Dusche. Als parodistisches Spottlied brilliant, aber N'Dour schien es damit sehr ernst zu meinen. Gleich danach wirkten dann die senegalesischen Tanzrhythmen dafür noch unwiderstehlicher. Willy Taub