Gedenkstätte für SED-Opfer

■ Der Fall Holski und der Umgang mit den Opfern der SED-Diktatur

Salzgitter „Wir sind etwas in Vergessenheit geraten“, befürchtet Wolfgang Becker vom Verband Politischer Häftlinge des Stalinismus. Eine Gedenkstätte in Salzgitter-Lichtenberg soll dem entgegenwirken. Das Denkmal, das auf Initiative des Verbandes dort steht, soll nicht nur auf die Opfer des Stalinismus und Kommunismus aufmerksam machen. Es solle auch mahnen, nie wieder eine Diktatur zuzulassen. Aus diesem Grund könne die bislang erste Gedenkstätte dieser Art in Westdeutschland überall stehen, sagt der Vorsitzende des 150 Mitglieder zählendes Verbandes, der zum Dachverband Union der Opferverbände kommunistischer Gewaltherrschaft in Berlin gehört.

Becker und seine Vereinsmitglieder setzen sich seit 1957 für eine gerechtere Wiedergutmachung ein, helfen ehemaligen politischen Häftlingen, sich im Dschungel der Gesetze zurechtzufinden. „Das erste SED Unrechtsbereinigungsgesetz vom November 1992 umfaßt leider nicht alle Opfer“, klagt er. Als Beispiel erzählt er die Geschichte von Emma Holski. Die 71jährige habe 20 Jahre in Sibirien verbringen und dort hart arbeiten müssen. Doch obwohl sie als politische Gefangene anerkannt ist, bekommt sie nach diesem Gesetz keinen Pfennig Entschädigung.

Becker zufolge wird entschädigt, wer nach dem 5. Mai 1945 auf dem Gebiet der ehemaligen DDR verhaftet wurde. Emma Holski wurde am 12. April 1945 in Roggenhausen in Ostpreußen verhaftet, berichtet der 69jährige. Damit hat sie keinen Anspruch. Doch auch wer von dem sowjetischen Militär-Tribunal vor dem Stichtag verhaftet oder verschleppt wurde, gehöre zu den Opfern.

Mit dem Fall Holski soll sich nun auch Bundeskanzler Helmut Kohl beschäftigen. Ein Brief des Verbandes, im Namen der Frau geschrieben, schildere Kohl ihren Leidensweg. „Ich hoffe sehr, daß der alten Frau geholfen werden kann“, sagt Becker, der selbst nach neunjähriger Haft wegen antisowjetischer Hetze, Spionage und Zugehörigkeit zur Untergrundorganisation Werwolf in den fünfziger Jahren aus der DDR in die Bundesrepublik kam.

In den alten Bundesländern erhalten die früheren Häftlinge 300, in den neuen Bundesländern 550 Mark Entschädigung monatlich. „Wenig genug für das Leid und die verlorenen Jahre hinter Gittern“, meint Becker. Die Opfer müßten angemessen entschädigt werden. Das Vermögen der SED, die die Verantwortung für die Verletzung der Bürger- und Menschenrechte trage, könne dafür herangezogen werden. Anita Pöhlig, dpa