Grenze der Demokratie

■ Koalition stimmt Flächennutzungsplan zu / Trotz 130.000 Einwendungen kaum Änderungen / Grüne haben 106 Anträge

Die CDU und SPD stimmen dem vom Senat entworfenen Flächennutzungsplan (FNP) zu. Darauf einigten sich die Koalitionsfraktionen auf ihrer Klausurtagung am vergangenen Wochenende. Zu wesentlichen Änderungen kommt es in dem Plan nicht, in dem für die kommenden 20 Jahre festgelegt wird, wo Wohnungen und Straßen gebaut, Gewerbe angesiedelt sowie Grünflächen erhalten oder angelegt werden sollen. Dabei hatten Ende vergangenen Jahres 85.000 Berliner insgesamt 130.000 Einwendungen erhoben – überwiegend gegen Straßenbauvorhaben, die Umwidmung von Kleingartenflächen in Bauland und gegen das Müllverbennungszentrum in Pankow.

Der auf Antrag der Opposition im Parlament eingerichtete Sonderausschuß Flächennutzungsplan wird die für Bezirke und Verwaltungen rechtsverbindliche Planungsgrundlage nun in seiner letzten Sitzung am kommenden Donnerstag beschließen. Mit dem, was die Regierungsfraktionen gestern als Ergebnisse ihrer Klausur allerdings vorstellten, ließ sich kaum verhehlen, wie wenig sie die Stadtplanung der kommenden 20 Jahre mitgestalten.

Statt konkreter Entscheidungen für oder gegen Vorhaben fordern sie nur die Überprüfungen längst beschlossener Vorgaben. So soll die auf dem Heiligenseer Nordfeld vorgesehene Wohnsiedlung auf Umwelt- und Sozialverträglichkeit geprüft werden. Auch soll überprüft werden, ob im Nord-Ost- Raum die Stadterweiterungen Buchholz-Nord und Blankenburg nachrangig realisiert werden können. Die Standorte für Müllverbrennung und Recycling sollen mit dem Land Brandenburg abgestimmt werden.

Mit einem „Stadtentwicklungsplan Verkehr“ fordern die Koalitionsfraktionen noch mehr Überprüfungen – nämlich unter anderem die umweltfreundliche Abwicklung des Wirtschaftsverkehrs, die bessere Anbindung von Wohngebieten an den öffentlichen Nahverkehr und die Reduzierung von Lärm- und Luftbelastung. Was hat die Große Koalition bloß die vergangenen dreieinhalb Jahre gemacht, fragt man sich da. Nur in einem einzigen Fall sprachen sich CDU und SPD klar für eine Alternative zum FNP aus: für die Nordumfahrung „Rosenthal“ der Nordtangente.

Bündnis 90/Die Grünen kritisierten gestern das Vorgehen der Koalition scharf. Von ihren 106 Änderungsanträgen werde keiner angenommen, sagte gestern Hartwig Berger, weil CDU und SPD untereinander ein „Paket“ abgestimmt haben. Das sei die „untere Grenze parlamentarischer Demokratie“. Dirk Wildt